HiPhi macht der deutschen Konkurrenz im Premiumsegment zu schaffen, sonst dominiert die ebenfalls chinesische BYD den dortigen Markt für Elektroautos.

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Für deutsche Autokonzerne war China lange der Wachstumstreiber, allerdings entpuppt sich das Land bei Elektrofahrzeugen als äußerst schwieriges Pflaster. Im Reich der Mitte werden sie zerrieben zwischen dem US-Branchenpionier Tesla und vor allem aufstrebenden lokalen Herstellern. Von den insgesamt rund 3,6 Millionen heuer neu zugelassenen Elektroautos stammen nur etwa 150.000 von deutschen Herstellern. Das entspricht einem gemeinsamen Marktanteil von Mercedes, BMW und den Volkswagen-Marken von gerade einmal vier Prozent.

Die Probleme der Deutschen sind durchaus mannigfaltig. Einerseits konnten sie ihre Produktion wegen Problemen mit den Lieferketten viel langsamer als die asiatische Konkurrenz hochfahren, monatlich konnten zehntausende Fahrzeuge gar nicht produziert werden. Der Mitbewerb hat sich strategisch bei Metall- und Bergbauunternehmen eingekauft, um sich bei Rohstoffen gegen Versorgungsengpässe und auch gegen die teilweise erheblichen Preisschwankungen abzusichern.

Lücken in Produktpalette

Aber auch die Angebotspalette schafft Probleme. "Bei Elektroautos haben die traditionellen Hersteller teils noch erkennbare Lücken im Portfolio", sagt Jan Burgard, Chef der Unternehmensberatung Berylls Group, gegenüber dem "Handelsblatt". Speziell in unteren Preissegmenten fehlt den deutschen Konzernen ein wettbewerbsfähiges Angebot. Zwar sind damit nicht so hohe Margen zu verdienen wie bei Premiumfahrzeugen, jedoch wächst der Markt in China mit Elektroautos bei Kleinwagen am stärksten.

Aber auch im Premiumsegment haben sich die Deutschen verkalkuliert – anders als bei Verbrennern akzeptierten chinesische Kunden bei Stromern keine Preisaufschläge mehr. Warum? Bei herkömmlichen Antrieben hatten deutsche Anbieter fast keine Wettbewerber zu fürchten. "Bei Elektroautos bekommen sie jetzt in China echte Konkurrenz von lokalen Anbietern wie HiPhi", sagt Burgard. Die Folge: Die Deutschen mussten die Preise massiv senken.

Wasser abgegraben

Tatsächlich hat der Newcomer HiPhi den Deutschen heuer das Wasser abgegraben. Während die europäischen Hersteller von Sicherheitsdenken geprägt sind, haben Asiaten einen viel spielerischeren Zugang – und haben beim Infotainment die Nase vorn. Ein Grund, warum sich Chinas Kunden sich gegen deutsche Modelle entscheiden: Die Spracherkennung auf Mandarin funktioniert Burgard zufolge nicht zuverlässig. Nachdem Entwickler von Mercedes chinesische Modelle wie den HiPhi getestet hatten, kamen sie zu dem Schluss: Die Asiaten seien wagemutiger, kreativer und innovativer. "Da rollt eine Lawine auf uns zu", lautet das Fazit hinter vorgehaltener Hand. (Alexander Hahn, 7.12.2022)