Aus einer Infektion mit dem RS-Virus kann sich bei Kleinen eine Lungenentzündung entwickeln. Viele werden deshalb ins Spital überwiesen.

Foto: Reuters / Lisi Niesner

Dass in der kalten Jahreszeit viele Kinder kränkeln, ist grundsätzlich nichts Ungewöhnliches. Aber heuer ist die Saison besonders intensiv, gleich mehrere Erkrankungen sind parallel im Umlauf. Neben Erkältungsviren und Influenza sorgt vor allem das RS-Virus für viele Infektionen.

Warum das so ist, darüber können Fachleute nur spekulieren. Möglicherweise ist die Immunität von Säuglingen heuer geringer als sonst. Üblicherweise werden sie von Antikörpern der Mutter in den ersten Monaten geschützt, aber durch die Corona-Maßnahmen haben viele Infektionen nicht stattgefunden. Gleichzeitig sind womöglich auch ältere Kinder, die durch Lockdowns bisher noch keinen Viruskontakt hatten, heuer stärker betroffen.

Eigentlich ist das RS-Virus ein recht gewöhnliches respiratorisches Virus. Schon lange führen die sogenannten Respiratorischen Synzytial-Viren in allen Altersgruppen zu grippalen Infekten mit Schnupfen, schleimigem Husten, Fieber. Säuglinge und Kleinkinder können auch erbrechen, um Atem ringen und immer weniger trinken. Für die Kleinen kann eine Infektion deshalb problematisch werden, es könnte sich eine Lungenentzündung daraus entwickeln.

Betten auf dem Gang

Ringt ein Kind um Luft oder verweigert das Trinken, sollte man das von einem Kinderarzt oder einer Kinderärztin abklären lassen. In schweren Fällen kommt es zu einer Überweisung in ein Krankenhaus, etwa wenn der Säugling zu wenig Flüssigkeit aufnimmt oder die Sauerstoffsättigung im Blut zu niedrig ist.

Genau das passiert aktuell immer häufiger, die Situation für niedergelassene Kinderärztinnen und Kinderärzte sowie medizinisches Personal in Kliniken verschärft sich. Im Gesundheitsministerium wisse man über die Problematik im niedergelassenen Bereich Bescheid. "Wir sind dabei, Abhilfe zu schaffen, aber das geht nicht von heute auf morgen", sagte Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) am Dienstag in einer Pressekonferenz. Auch die Spitäler habe man im Auge, am Montag habe das Ministerium sich einen Überblick über die Lage in Wien, Niederösterreich, Oberösterreich und im Burgenland verschafft. Die Situation sei angespannt, es gibt aber "keine Engpässe", sagt Rauch.

Ein Rundruf des STANDARD zeichnet ein differenzierteres Bild. Vonseiten der Steiermärkischen Krankenanstaltengesellschaft spricht man von einem "enormen Ansturm". Aktuell würden täglich "200 statt wie im Normalfall 110 Patientinnen und Patienten auf der Ambulanz der Uni-Klinik für Kinder- und Jugendheilkunde versorgt". Im stationären Bereich führt der Überbelag von 16 Kindern bereits zu Betten auf dem Gang. "Außerdem werden 29 sauerstoffpflichtige Kinder auf der Normalstation versorgt", heißt es aus Graz weiter. Die Dienste des Personals würden aufgestockt, die Fachkräfte appellieren: "Bitte lassen Sie Ihre Kinder gegen Influenza impfen! Die Zahl der Patientinnen und Patienten könnte bei erfolgter Impfung um 20 Prozent geringer sein."

Auch im St.-Anna-Kinderspital kann es "inzwischen leider zu sehr langen Wartezeiten kommen", weil man "nur sehr wenig freie Betten zur Verfügung" habe, bedauert der ärztliche Direktor Wolfgang Holter.

Tirol und Salzburg nicht überlastet

In Tirol ist die Situation bisher noch entspannter. Für Kinder, die mit schweren Beschwerden in die Ambulanz kommen, gibt es noch ausreichend stationäre Betreuungsplätze. Doch man spüre auch in den Tiroler Landeskliniken, dass die Zahl der Atemwegserkrankungen steige, immer wieder müssten Kinder auch intensivmedizinisch betreut werden, aber man habe trotz "guter Auslastung noch ausreichend Kapazität", sagt Johannes Schwamberger von Tirol Kliniken.

In Salzburg ist es ähnlich. Das Uniklinikum ist "sehr gut aus-, aber nicht überlastet", so ein Sprecher. Die Intensivstation sei vollbelegt, zwei der sechs Betten mit Fällen aufgrund des RS-Virus. Auf der Normalstation werden weitere 15 Kinder mit einer RS-Virusinfektion betreut, zwei von ihnen brauchen Atemunterstützung. Die Belegung ist aber nicht rückläufig. Denn besonders in den Ambulanzen sei aufgrund der verschiedenen Infekte, die im Moment kursieren, sehr viel los. Zehn Prozent der Kinder, die in die Ambulanz kommen, müssen stationär aufgenommen werden.

Im Gesundheitsministerium werde man die Situation jedenfalls weiter beobachten, sagte Minister Rauch: "Wir haben beschlossen, ein wöchentliches Monitoring mit allen Krankenhausträgern in Österreich zu machen, um das im Auge zu behalten." (Magdalena Pötsch, Colette M. Schmidt, 6.12.2022)