Wie laufen Inseratenvergaben in Niederösterreich? Sonderberichte des Landesrechnungshofs sollten das herausfinden.

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St. Pölten – Der niederösterreichische Landesrechnungshof sollte die Frage beantworten, ob parteinahe Medien verdächtig viele Inserate von Unternehmen in Landeshand erhalten. Alle Parteien außer der ÖVP haben solche Sonderprüfungen beantragt – die ersten Ergebnisse liegen der Landesregierung seit Dienstag vor.

Der ORF Niederösterreich und die Austria Presse Agentur vermeldeten die Ergebnisse, DER STANDARD und das Nachrichtenmagazin "Profil" berichten nun über weitere, teils erstaunliche Details. Eklatant ist vor allem, was in den Prüfberichten nicht steht.

Zwei Millionen – aber für wen?

Denn dafür, dass der Landesrechnungshof Transparenz herstellen sollte über öffentliche Gelder, die an Medienunternehmen fließen, sind die Prüferinnen und Prüfer erstaunlich verschwiegen. Entweder die Empfänger von Inseratengeld werden namentlich genannt – dann ist aber geheim, wie viel die Firmen erhalten haben. Oder es wird angegeben, wie viel Geld geflossen ist – dann bleiben die Unternehmen aber anonym.

Der Bericht über die Landesgesundheitsagentur (LGA) enthält zum Beispiel eine Tabelle mit den Ausgaben pro Mediengruppe – doch die Unternehmen sind anonymisiert. "Mediengruppe 1" erhielt im geprüften Zeitraum 233.146,54 Euro, "Mediengruppe 2" bekam 229.381,62 Euro, "Mediengruppe 3" nahm 216.079,45 Euro ein. Insgesamt investierte die LGA von Anfang 2020 bis Mai 2022 fast zwei Millionen Euro in Öffentlichkeitsarbeit. Welches Medium wie viel Geld bekommen hat, bleibt völlig unklar.

Bei der Prüfung der Familienland GmbH hat der Landesrechnungshof herausgefunden, dass zwei Parteimedien von Inseraten aus der Firma des Landes profitiert haben: die Zeitschrift "endlich Frei-Zeit" des ÖVP-Seniorenbundes und das Magazin "NÖ Gemeinde" vom ÖVP-Gemeindebund. Medien anderer Parteien scheinen in der Liste nicht auf. Und obwohl der Bericht Transparenz bei genau diesem Thema schaffen sollte, fehlen Zahlen zu den Partei-Inseraten.

Zwischen 14 und 1.800 Euro für tausend Kontakte

Trotz der bemerkenswerten Diskretion des Landesrechnungshofs werden die Prüferinnen und Prüfer im Bericht stellenweise kritisch: Bei der Landesgesundheitsagentur (sie ist die Dachorganisation für alle Spitäler, Pflege- und Betreuungszentren in Niederösterreich) stößt sich der Landesrechnungshof etwa an mangelnder Nachvollziehbarkeit in der Inseratenvergabe: "Gründe für die thematische und die finanzielle Aufteilung der Ausgaben für Inserate und Werbung waren nicht dokumentiert", heißt es in dem Bericht. "Auch vertiefende Analysen zur Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der getroffenen Aufteilung der Inserate und Werbung lagen nicht vor." Vermeidbare Streuverluste könnten deshalb nicht ausgeschlossen werden.

Offenbar ebenfalls schwer nachvollziehbar für die Prüferinnen und Prüfer: starke Schwankungen bei den Inseratenpreisen. Die relevante Kategorie in der Branche ist der Preis für tausend Kontakte mit Medienkonsumenten (TKP). Bei den Inseraten, die die Landesgesundheitsagentur geschaltet hat, bewegte er sich zwischen 14 und 1.800 Euro.

Interessanterweise ist der Landesrechnungshof bei Sponsorings, Spenden und Vereinsmitgliedschaften wiederum besonders transparent: Auch die Empfängerinnen von Kleinstbeträgen werden genannt, etwa eine Feuerwehr, ein Kinderhospizverein – und das Europaforum Wachau: Der ÖVP-nahe Verein veranstaltet jährlich eine Tagung, die Landesgesundheitsagentur bezahlte 30.000 Euro, um mit Werbemitteln und Vortragenden vertreten zu sein.

Rechnungshof verteidigt vorgehen

Der Landesrechnungshof argumentiert auf Anfrage von STANDARD und "Profil" mit gesetzlichen Einschränkungen: Die Behörde müsse "die Prüfaufträge erfüllen und das Recht auf Vertraulichkeit der überprüften Stellen sowie Dritter wahren", sagt Präsidentin Edith Goldeband. Geschäftsgeheimnisse anderer Firmen dürften etwa nicht berührt werden.

Der Landesrechnungshof schreibe seine Berichte deshalb so, dass sie öffentlich diskutiert werden können. "Das ermöglicht Transparenz und schafft Vertrauen!", sagt Goldeband. Auch die folgenden, finalen Berichte "werden der bewährten Praxis entsprechen, oder sehen Sie einen Grund, diese ausgerechnet zwei Monate vor den Landtagswahlen zu ändern?", fragt die Präsidentin.

Acht Berichte kommen noch

Die geprüften Unternehmen und die Landesregierung haben angekündigt, die Vorschläge des Landesrechnungshofs zu strukturellen Fragen wie internen Richtlinien umsetzen zu wollen. Der rote Landeshauptfrau-Stellvertreter Franz Schnabl verweigerte allerdings seine Zustimmung zur offiziellen Stellungnahme der Landesregierung – er fordert einen konkreten Plan für die Umsetzung der Reformen. ÖVP-Klubchef Klaus Schneeberger hingegen sieht die Vorwürfe gegen seine Partei durch die Berichte widerlegt.

Die drei vorliegenden Berichte sind nur ein Vorgeschmack. Acht weitere Unternehmen im (teilweisen) Landeseigentum werden ebenfalls geprüft, darunter etwa die EVN oder die Hypo Niederösterreich mit ihren beachtlichen Inseratenbudgets. Ob sich die Fertigstellung dieser Berichte vor der Landtagswahl am 29. Jänner ausgeht, ist allerdings fraglich. Kritik kommt jedenfalls von der Opposition.

FPÖ-Landesparteiobmann Udo Landbauer zeigte sich erfreut, "dass nun endlich Bewegung in die seit Jahren laufenden Praktiken gekommen ist". Die Menschen hätten ein Recht zu wissen, "was mit ihrem Geld passiert ist und in welchen schwarzen Kanälen der ÖVP-Niederösterreich es versickert ist". "Die Vorwürfe wiegen schwer", reagierte SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch in einer Aussendung. Sollten sie sich erhärten und Unternehmen, die vom Land Niederösterreich beherrscht werden, zu massiv überhöhten Preisen Inserate in Parteimedien der ÖVP NÖ schalten, wäre "jede rote Linie überschritten". (Sebastian Fellner, red, 7.12.2022)