NS-Täter auf einer Gedenktafel nur zu überkleben ist letztlich eine unglaubliche Verhöhnung der Opfer.

Werner Dedl

Es ist eine eigenwillige Art der Erinnerungskultur, die in vielen vorwiegend ländlichen Gegenden heute noch vorherrscht. Nicht selten prägt das Ortsbild nämlich ein steinernes Monument aus längst vergangenen Tagen. Zumeist völlig unkommentiert sind die vielen Kriegerdenkmälern ein eindimensionaler Blick auf die Vergangenheit. Es wird der kommunale Scheinwerfer pauschal auf die Gefallenen der Weltkriege gerichtet. Wer Täter, wer Opfer ist, wird zur Nebensache. Dank und Ehre des Vaterlandes sind den Helden sicher.

Schandflecken auf der Gedenklandkarte

Geschichte zu verstehen heißt, aus der Geschichte zu lernen. Längst ist es daher überfällig, Schandflecken der heimischen Gedenklandkarte zu überdenken. Es gilt, in den kleinsten Rathäusern dieser Republik zu erkennen, dass Denkmäler stets etwas Zeitgebundenes sind. Womit deutlich wird, dass insbesondere ein Kriegerdenkmal immer einer Kommentierung bedarf, um ein Verstehen und eine historische Einordnung möglich zu machen.

Verkrampfter Umgang

Wie verkrampft und beschämend der Umgang mit den dunklen Kapiteln der Kommunalgeschichte tatsächlich ist, zeigt sich eindrucksvoll anhand der Diskussion über das Kriegerdenkmal in der oberösterreichischen Gemeinde Peuerbach. Dass sich 2022 mit Ferdinand Sammern-Frankenegg immer noch ein NS-Täter – Sammern-Frankenegg war SS- und Polizeiführer im Distrikt Warschau und damit zuständig für die Deportation der jüdischen Bevölkerung – auf der Tafel des Ortsfriedhofs befindet, ist an sich schon eine unglaubliche Verhöhnung der Opfer. Dass man sich der braunen Vergangenheit stellt, indem man einen Klebestreifen über den schwerbelasteten Namen klebt, ist an Dummheit und Ignoranz kaum zu überbieten.

Kein Vorschlaghammer

Von der deutschen Band Wir sind Helden gibt es übrigens eine musikalisch-ironische Antwort auf die Frage, wie mit Heldendenkmälern umzugehen ist: "Hol den Vorschlaghammer! Sie haben uns ein Denkmal gebaut, und jeder Vollidiot weiß, dass das die Liebe versaut. Ich werd' die schlechtesten Sprayer der Stadt engagieren, sie sollen nachts noch die Trümmer mit Parolen beschmieren."

Zum Vorschlagerhammer zu greifen wäre aber wohl tatsächlich der falsche Weg, um sich den Helden vergangener Tage zu nähern. Vielmehr wäre es das Gebot der Stunde, diese monumentalen Zeitdokumente mit dem Blick von heute zu betrachten – dafür sind aber entsprechende "Sehhilfen" etwa in Form von Zusatztafeln, aber auch Kunstinstallationen nötig. De facto braucht jedes Kriegerdenkmal ein erklärendes Gegendenkmal. (Markus Rohrhofer, 8.12.2022)