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Man wird's doch noch versuchen dürfen. Vielleicht beißt jemand an. Das dürfte der Hintergedanke in der Chefetage der OMV gewesen sein, als sich die Frage stellte, was tun mit der Gashandelstochter. Zwar schreibt der teilstaatliche Konzern Rekordgewinne ohne Ende, was mit den exorbitant gestiegenen Preisen für Öl, Gas und petrochemische Erzeugnisse zu tun hat, aber nichts über die Konzernführung aussagt. Zumindest in einer Sparte, dem Handel mit Gas, läuft es schon länger nicht mehr rund bei der OMV.

Seit Putin seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine gestartet hat und Gas verstärkt als Waffe einsetzt, schreibt die Handelstochter hohe Verluste. Auf den langjährigen Partner Gazprom, dem die OMV bisher blind vertraut hat, ist kein Verlass mehr. Schon seit Monaten liefert der Gasgigant wohl auf Anweisung des Kreml weit weniger nach Österreich als versprochen. Die OMV muss über ihre Gashandelstochter Gas zu horrenden Preisen zukaufen, um die Lücke zu schließen und ihrerseits Lieferverpflichtungen erfüllen zu können. Dazu kommt der größer werdende Druck von außen, die Gasversorgung Österreichs sicherzustellen. Schließlich ist der Staat mit 31,5 Prozent Haupteigentümer der OMV.

Das alles möchte man eher heute als morgen hinter sich lassen, zumal ungewiss ist, wie lange sich der Krieg in der Ukraine noch hinzieht. Und ob hinterher wirtschaftlich alles besser wird – was das Gas betrifft, wohl eher nicht. Denn der Ausstieg aus fossilen Energien ist (umwelt-)politisch vorgezeichnet. Die OMV will die Kurve kratzen und sich eine Zukunft mit Kunststoffen, synthetischen Kraftstoffen und Geothermie bauen. Der Gashandel wird somit automatisch an Bedeutung verlieren. Warum also nicht die Gunst der Stunde nutzen und die verlustträchtige Tochter dem Staat umhängen, wird man sich gedacht haben.

Kosten für den Steuerzahler

Der Versuch ist zwar legitim, und dennoch mehr als peinlich. Ein Konzern, der Milliarden scheffelt, sollte nicht dem Steuerzahler zur Last fallen, und sei es nur in einem Teilbereich. Die OMV möchte das plötzlich ungeliebte Kind dem Steuerzahler nämlich nicht einfach so überantworten. Eine schöne Ablöse sollte es im Gegenzug schon geben, hat man kundgetan. Dafür gäbe es Altlasten wie die noch bis 2040 laufenden Gaslieferverträge mit Gazprom gleich mit.

Der Staat muss und soll bei der geplanten Kindesweglegung nicht kooperieren. Es gibt einfachere und wohl auch günstigere Möglichkeiten, die Versorgungssicherheit mit Gas im Land zu gewährleisten. Dafür steht dem Staat eine breite Auswahl an Rechtsmitteln zur Verfügung, die nur eingesetzt werden müssen. Der OMV kann zugemutet werden, die Verluste aus dem Gashandelsgeschäft mitzuschleppen, die in Relation zu den Megagewinnen so groß auch nicht sind. Irgendwann wird sich die Situation bessern. Dann findet sich vielleicht sogar ein regulärer Käufer dafür. (Günther Strobl, 7.12.2022)