Rund 170 Zusteller beschäftigt Gurkerl.at derzeit. 100 stehen auf der Warteliste. Um diese zu beschäftigen, bräuchte es deutlich mehr Mitarbeiter im Lager.

Foto: Heribert Corn

"Wir haben viel geschafft, aber es gibt noch viel zu tun", sagt Maurice Beurskens. Der Geschäftsführer von Gurkerl.at steht im Lager, das mittlerweile etwas mehr als 14.000 Produkte umfasst. Rundherum befüllen Mitarbeiter Sackerln, geben diese in Boxen und stellen sie auf Laufbänder. Ist eine Bestellung komplett, landet sie in der Verladezone, wo Autos und Fahrer schon darauf warten. Damit die Fahrer nicht permanent kreuz und quer durch Wien und Umgebung kurven, werden die Lieferadressen den Fahrern so zugeordnet, dass diese immer Cluster bilden. Eine Tour umfasst im Schnitt 13 Adressen.

Um Effizienz gehe es im Liefergeschäft, und um den größtmöglichen Anteil an Nachhaltigkeit. Mit diesem Versprechen ist Gurkerl.at vor etwas mehr als zwei Jahren angetreten."Das Geschäft entwickelt sich gut", sagt Beurskens. 90 Millionen Euro Umsatz werden für das heurige Jahr erwartet, rund 50 Millionen Euro waren es im Vorjahr. "Die Leute haben erkannt, dass ihnen unser Lieferservice viel Zeit erspart", sagt der Gurkerl.at-Chef. Der durchschnittliche Bestellwert liegt bei 100 Euro.

Mitarbeiter nicht zu finden

Doch im Wachstum ist das Unternehmen derzeit begrenzt. Es fehle schlicht an Mitarbeitern für das Lager. Zu den aktuell rund 170 Fahrern stünden knapp 100 auf der Warteliste, die auch gerne für Gurkerl.at ausliefern wollen. Um diese Anzahl der Fahrer zu erhöhen, brauche es aber deutlich mehr Mitarbeiter für das Lager. Rund 100 Mitarbeiter im Lager werden gesucht. "Wir finden aber keine", sagt Beurskens. Der Arbeitsmarkt gebe sie einfach nicht her. Ein Lagerarbeiter verdiene ein Basisgehalt von 1.850 Euro brutto – hinzu kämen Zulagen für Nachtschichten und Arbeiten in den Kühlräumen. Auch die Fahrer seinen alle bei Gurkerl.at angestellt. Subunternehmen bediene man sich nicht.

Dass die Politik es nicht schafft, die Menschen wieder in den Arbeitsmarkt zu bringen, versteht Beurskens nicht. Hier brauche es noch mehr Bewusstsein. Bei Gurkerl.at arbeiten derzeit auch 18 Ukrainer, die vor dem Krieg geflohen sind. Der Papierkram, der für deren Beschäftigung zu stemmen war, sei aber enorm gewesen. Ein einfacherer Zugang zum Arbeitsmarkt würde helfen. Man könne nicht für jeden Mitarbeiter einen so hohen Verwaltungsaufwand haben.

Grenzen und Wachstum

Im Bereich Nachhaltigkeit musste Gurkerl.at ebenfalls Grenzen erkennen. Auf das Gebäude im 23. Wiener Gemeindebezirk, das Lager und Büro beheimatet, wollte man eine Photovoltaikanlage aufs Dach setzen. Dann habe sich aber herausgestellt, dass die Traglast des Daches die geplante bzw. benötigte Anlage nicht hätte tragen können. Von den 180 Lieferfahrzeugen sind derzeit rund 70 E-Autos, der Rest fährt mit Erdgas. Der Anteil der E-Autos soll mit der Verfügbarkeit an Ladestationen, die am Standort zunehme, sukzessive aufgestockt werden.

Rund 14.000 Produkte sind hier verfügbar. Das Lager dreht sich schnell – im Kühlbereich beispielsweise alle zwei Tage.
Foto: Heribert Corn

Bei der Verpackung versuche man wegzuglassen, was nicht nötig ist. "Das fängt beim Hersteller an", sagt Beurskens. Gurken in Kisten statt in Plastik verpackt stehen im Lager. Kürbisse in Boxen, ohne Plastik oder Papier dazwischen. Wo es gehe, greife man auf regionale Anbieter zurück, der Anteil derzeit liegt bei rund 40 Prozent. Vor allem beim Fleisch und bei Milchprodukten sei das ein hoher Anteil. Teilweise werden die Waren vom Hersteller auch von Gurkerl.at abgeholt, von Kunden werden Einwegflaschen, Stoffsackerln von der Lieferung, Plastik oder Batterien gerne wieder mitgenommen und recycelt. Die Gurkerl.at-Stofftaschen werden gereinigt und wiederverwendet. Stark nachgefragt werden derzeit die Rette-mich-Sackerln, mit denen Lebensmittel, die nicht mehr in den Verkauf können aber noch gut sind, als Überraschungssackerln beim Kunden landen. Rund 60 Sackerln pro Tag werden angeboten, "die sind schnell weg", sagt Beurskens.

Kunden kaufen bewusster

Die hohen Kosten für Energie und die gestiegene Inflation sind freilich auch bei Gurkerl.at ein Thema. Dass Kunden jetzt weniger bestellen, kann aber noch nicht beobachtet werden. Doch es steige der Anteil an Eigenmarken, auch an Convenient-Food, etwa vorgeschnittenes Obst oder Gemüse. Was sich ebenfalls zeige, sei, dass die Kunden bewusster bestellen. Laufend ausgebaut werde derzeit etwa das Plant-Based-Segment. Mit dabei ist auch ein rein pflanzliches, 3D-gedrucktes Steak, das Gurkerl.at laut Homepage als Erster in Österreich anbietet.

Mit einer Steigerung der Effizienz im Lager könne ein Teil der gestiegenen Kosten abgedeckt werde, doch dieses Potenzial sei limitiert. Einen Teil der Kosten müsse man an die Kunden weitergeben, aber der durchschnittliche Warenkorb darf bei Gurkerl.at nicht teurer sein als im stationären Handel. Anders sei das etwa bei Fleisch, das bei Gurkerl.at nur von Bio-Herstellern kommt. Dort könne man die Preise nicht drücken, da gehe um die hohe Qualität des Gutes, erklärt Beurskens.

Das nächste Ziel ist, dass 4000 Bestellungen an einem Tag verzeichnet und abgewickelt werden. Dann wird gefeiert bei Gurkerl.at. Die dafür vorgesehene Magnum-Flasche Champagner liegt schon im Kühlschrank. Entwickle sich das Geschäft so weiter, könnte in wenigen Tagen schon der Korken knallen. (Bettina Pfluger, 12.12.2022)