Wien – Essen oder Heizen: Für viele Menschen in Österreich stellt sich aufgrund der Teuerung diese Frage immer öfter. Laut einer von der Arbeiterkammer (AK) in Auftrag gegebenen Statistik kann sich jede fünfte Person hierzulande die monatlichen Ausgaben nicht mehr leisten. Steigende Mieten, hohe Energiekosten und teure Lebensmittel nehmen immer mehr vom verfügbaren Einkommen in Anspruch.

Besonders stark trifft es Familien mit Kindern. Auf Basis des Referenzbudgets der staatlich anerkannten Schuldnerberatung wurde jenes Haushaltsbudget für Familien berechnet, mit dem die monatlichen Fixkosten gedeckt werden können. Demnach sind 25 Prozent der Familien mit zwei Kindern von Armut betroffen, unter jenen mit drei Kindern sind es 40 Prozent. Dabei, betonte AK-Präsidentin Renate Anderl, sei die massive Teuerung in diesem Jahr noch nicht einmal in die Daten eingeflossen. Die AK fordert deshalb einmal mehr gemeinsam mit der Caritas und der Volkshilfe nachhaltige Lösungen zur Armutsbekämpfung.

Immer weniger Menschen können sich die Miete und das Heizen leisten.
Foto: imago images

"Das Geld wird nur noch für das Allernotwendigste ausgegeben", Verreisen oder Freizeitaktivitäten kommen ohnehin nicht mehr infrage, sagte Caritas-Generalsekretärin Anna Parr. Dass die Not immer größer werde, sehe die Caritas bei ihrem Angebot: Dort verzeichnet die Hilfsorganisation einen starken Zulauf. Unter anderem musste die Zahl der Sozialberatungsstellen laut Parr von 56 auf 71 ausgeweitet werden. Allein in Wien werden jede Woche 26 Tonnen an Lebensmitteln ausgegeben. "Es kommen viele Menschen, die nicht gedacht haben, dass sie jemals Hilfe in Anspruch nehmen müssten", fügte Parr hinzu.

Forderung nach strukturellen Maßnahmen

Von der Regierung fordert die AK deshalb gemeinsam mit Caritas und Volkshilfe mehr Maßnahmen zur Armutsbekämpfung. Die Einmalzahlungen seien zu schnell verpufft und würden nicht langfristig helfen. "Es braucht strukturelle Reformen, die Menschen wieder aus der Armutsspirale herausholen", betonte Parr.

Dafür müsse die Sozialhilfe armutsfest gestaltet werden, diese liege derzeit um 400 Euro unter der Armutsgefährdungsschwelle. Außerdem müssten Sozialleistungen dauerhaft angehoben werden. Bei der gescheiterten Reform des Arbeitslosengeldes fordern Anderl und Parr eine Wiederaufnahme der Gespräche. Das Arbeitslosengeld gehöre auf ein existenzsicherndes Niveau angehoben und die Notstandshilfe inflationsangepasst. Volkshilfe-Geschäftsführerin Tanja Wehsely wünscht sich außerdem eine Zusammenlegung der Kinder- und Familienleistungen zu einer Kindergrundsicherung.

Um all diese Maßnahmen zu finanzieren, mahnte Anderl erneut einen "gerechten Beitrag" besonders reicher Menschen in Form von Vermögens- und Erbschaftssteuern ein. Es sei an der Zeit, dass Personen mit Millionen- oder gar Milliardenvermögen einen Beitrag dafür leisten, "dass wir solidarisch durch die Krise kommen". (Max Stepan, APA, 7.12.2022)