Um den Individualverkehr mit dem Auto einzudämmen, gibt es viele Ansätze. Auch E-Bikes sind ein wichtiges Puzzleteil.
Foto: Imago/Westend61

Die Lieblingsdaten von Thomas Prinz sind für Außenstehende eher sperrig. Denn der Geodaten-Wissenschafter arbeitet am liebsten mit räumlichen Statistikdaten, Abfahrt- und Ankunftszeiten von Bussen und Zügen, mit Haltestelleninformationen, Einwohnerzahlen und Bettenkapazitäten. Mit datenwissenschaftlichen Methoden kann Prinz aus statistischen Basisdaten "Datenschätze" heben und daraus bunt eingefärbte Landkarten generieren. Diese liefern Verkehrsplanerinnen und -planern eine fundierte Grundlage für innovative Mobilitätskonzepte.

Was den an der Paris-Lodron-Universität Salzburg (IDA Lab) forschenden Leiter des Research-Studios iSpace auszeichnet: Durch Datenverknüpfungen kann er zeigen, warum Menschen oft lieber mit dem Auto pendeln und nicht die Öffis nehmen. Ja, Bequemlichkeit, das auch. Aber nicht nur.

Denn oft liegt die schwache Nachfrage nach der Öffi-Nutzung beim Pendeln auch an einem falschen oder lückenhaften Angebot: Bussen, die zur falschen Zeit an falschen Orten halten; viel zu langen Wartezeiten beim Umsteigen auf die Bahn; fehlenden Anschlüssen für die Rückfahrt am Abend; Haltestellen, die zu weit entfernt sind, um sie noch zu Fuß oder mit dem Fahrrad zu erreichen; oder Fahrplänen unterschiedlicher Anbieter, die nicht aufeinander abgestimmt sind. "Wir analysieren das und zeigen die Schwachstellen auf", sagt Prinz.

Die Öffi-Ampel

Seine Landkarten sind nach der Datenanalyse zum Beispiel in rote, gelbe und grüne Zonen unterteilt. In den grünen – meist entlang von Bahn- und Buslinien – funktioniert das öffentliche Mobilitätsangebot, in den gelben – ein wenig abseits gelegene Orte – wird’s schon schwierig mit der Öffi-Nutzung, und in den roten Zonen hilft fürs Pendeln und Einkaufen nur noch das Auto – außer man hat viel Zeit, ist gut bei Fuß und hat keine Termine.

Günstige Tarife machen öffentliche Verkehrsmittel auch für Touristen attraktiver.
Foto: imago images/Westend61

Im Forschungsprojekt "Ultimob", gefördert von der Forschungsgesellschaft FFG und dem Klimaschutzministerium, hat das Studio iSpace nicht nur die Pendlerströme in die Stadt Salzburg untersucht. Prinz und sein Team haben dabei auch die Datenwerkzeuge weiterentwickelt. Damit lassen sich die "multimodalen" Verkehrsverhältnisse, also die Weganteile, die zu Fuß, per Rad, Auto, Bus oder Bahn zurückgelegt werden, für jede Gemeinde oder Region quasi "auf Knopfdruck" analysieren und optimieren.

Wie das geht, hat iSpace in Zusammenarbeit mit dem Salzburger Verkehrsverbund etwa für die Gemeinde Leogang gezeigt. In dem "Ultimob"-Anwendungsfall wird der Bedarf an einem in den Umweltverbund integrierten "Mikro-ÖV" analysiert. Das ist der Fachausdruck für öffentliche Verkehrssysteme, die kleinräumig und lokal abgestimmt sind. Dabei bezog Prinz auch touristische Potenziale und die Kapazität belegter Gästebetten übers Jahr verteilt ein.

Shuttlebusse mit günstigen Tarifen

Das Ergebnis: Es gibt einige rote Zonen, in denen Einheimische wie Gäste ein Auto benötigen. Um die Lücken zwischen roten, gelben und grünen Mobilitätszonen zu schließen, wurde zusammen mit der Gemeinde und dem Salzburger Verkehrsverbund ein flexibler Shuttledienst ausgearbeitet. Seit September ist das Loigom-Shuttle im Einsatz und bietet auch ein attraktives Angebot für Touristen.

Zwei E-Kleinbusse fahren nun bei Bedarf und ohne festen Fahrplan gut 30 Haltestellen an, die iSpace aus dem Datenmaterial destilliert hat. Die ersten Erfahrungen seien durchwegs positiv. Großer Pluspunkt: Die Fahrgäste zahlen keine Taxipreise, sondern Öffi-Tarife.

Potenzial für die Entwicklung neuer Mobilitätsangebote gibt es aber nicht nur auf dem Land. Im Projekt "Flughafen 4.0" erforscht Prinz die Verkehrsverflechtungen im Zusammenhang mit dem Flughafen Salzburg. Das in die Wissenschaftsstrategie des Landes eingebettete Projekt stellt eine Kooperation von Ispace, der Universität Salzburg und dem Salzburger Flughafen dar.

Am Samstag zum Flughafen

Der Flughafen verfügt über keine eigene Bahnanbindung und war bisher kaum in das multimodale Verkehrskonzept Salzburgs einbezogen. Soll heißen: Abflug- und Landezeiten von Flugzeugen waren wenig mit den Fahrplänen des Regionalverkehrs, etwa in den Pinzgau, das Salzkammergut oder auch Bayern, abgestimmt. Was das im Konkreten heißt, zeigte Prinz, als er seine ersten "Datenschätze" hob und die Flugdaten und Passagierzahlen nach Wochentagen analysierte.

"Der stärkste Reisetag ist der Samstag, an dem wird der Flughafen im Winter an Spitzentagen durchschnittlich von 20.000 Fluggästen frequentiert." An Samstagen aber fahren Salzburger Busse und Regionalzüge im Feiertags- und Wochenendmodus, sprich: weniger Fahrten mit größeren Intervallen.

An- und Abreise zum Flughafen bedeuteten daher häufig Individualverkehr mit dem Auto. Das soll sich jetzt ändern. Flughafenbetreiber, Stadt und Land Salzburg sowie Verkehrsverbund wollen den Flughafen nun besser öffentlich erreichbar machen. "Da arbeiten wir auch grenzüberschreitend mit Bayern zusammen", sagt Prinz.

Und weil das Quartier rund um den Flughafen auch für Einheimische fürs Arbeiten und Wohnen attraktiv ist, soll der Flughafen gleich zu einem multifunktionalen Verkehrsknoten werden, wo man sich auch Räder ausborgen und E-Autos aufladen kann. Ziel ist die Optimierung von durchgehenden Wegeketten für die Reisenden, um den Verkehr in die Regionen nachhaltig zu bündeln. (Norbert Regitnig-Tillian, 12.12.2022)