E-Mobilität boomt. Die Abhängigkeit von fossilen Treibstoffen sinkt, durch die Akkus ergeben sich aber neue Probleme.
Foto: APA/dpa/Martin Schutt

Elektrofahrzeuge erschließen das Potenzial für eine Mobilität mit geringerem CO2-Fußabdruck. Mit dem Verzicht auf fossile Energieträger ist es aber nicht getan. Um als ökologische Lösung gelten zu können, müssen E-Autos Teil eines Wirtschaftssystems werden, das Rohstoffe in stärkerem Maß wiederverwertet und im Kreislauf führt. Gerade bei den oft hunderte Kilo schweren Lithium-Ionen-Batterien, die aus komplexen Materialkombinationen bestehen, ist das eine große Herausforderung.

Mit ihrer zunehmenden Verbreitung verursachen die Batterien auch immer größere Abfallströme, aus denen heute aber nur ein Teil der Wertstoffe zurückgewonnen werden kann. In der EU werden durch eine Novelle zur Batterieverordnung künftig aber deutlich höhere Recyclingquoten angestrebt. Demnach sollen ab 2025 etwa 90 Prozent des Kobalts, Nickels und Kupfers und bis 2030 bis zu 70 Prozent des Lithiums aus den Altgeräten wiederverwertet werden.

Optimiert auf Batterien

Um die Ziele zu erreichen, braucht es Aufbereitungsverfahren, die auf die Materialkombinationen der Batterien hin optimiert sind. Dafür müssen neue Verfahren untersucht werden. In diesem Bereich ist ein neues Forschungsvorhaben am metallurgischen Zentrum K1-Met angesiedelt.

In dem Projekt Fulibatter (Future Lithium Ion Battery Recycling for Recovery of Critical Raw Materials), das im Rahmen des Comet-Programms der Förderagentur FFG mit Mitteln des Klimaschutzministeriums und des Wirtschaftsministeriums unterstützt wird, erprobt ein Konsortium aus internationalen Partnern eine Reihe neuer Technologien und Lösungen für das Recycling von Lithium-Ionen-Batteriesystemen. Weitere Fördergeber sind die Länder Oberösterreich und Steiermark. Mit einem Gesamtbudget von insgesamt 3,8 Millionen Euro soll das großangelegte Projekt vorerst bis 2026 laufen.

Zwischenlagerung

Johannes Rieger leitet die Forschung an Recyclingprozessen bei K1-Met. Gemeinsam mit den Konsortialpartnern setzen er und sein Team bei der Aktivmasse an, die am Ende der mechanisch-thermischen Batterierecyclingprozesse steht. "Die Altbatterien werden entladen, zur Deaktivierung erhitzt und danach zerlegt. Größere Kunststoff- und Metallteile werden abgeschieden. Der Rest wird zu einem feinen Pulver vermahlen – das ist die Aktivmasse", erklärt der Forscher.

Lithium-Ionen-Batterien bestehen aus komplexen Materialkombinationen. Künftig sollen deutlich mehr Wertstoffe aus den wachsenden Abfallströmen zurückgewonnen werden.
Foto: Reuters

Darin befinden sich auch die oft komplexen Materialverbindungen, aus denen die Elektroden und teilweise auch Elektrolyten der Batterien bestehen. Im Schnitt sind 30 Prozent der Aktivmasse Grafit. Weitere wichtige Elemente sind Lithium, Kupfer, Kobalt, Nickel oder Phosphor, erklärt Rieger. "Für die Weiterverwertung der Aktivmasse gibt es heute noch keinen großtechnischen Prozess. Derzeit wird sie exportiert oder – in Erwartung einer nutzbaren Technik – zwischengelagert."

Bei der Entwicklung von neuen Abtrennungsverfahren müssen die Forschenden einige Hürden überwinden. Dazu gehört etwa die sehr geringe Korngröße der Aktivmasse, die eine physikalische Abtrennung erschwert. Die Partikel sind zum Teil weniger als 100 Mikrometer groß – maximal ein Haardurchmesser. Schwierigkeiten machen zudem auch Metalle, die nicht in Reinform oder leicht abtrennbaren Oxiden vorliegen, sondern in komplexen Verbindungen und Legierungen.

Viele Akku-Varianten

Eine weitere Fragestellung ergibt sich aus dem großen Variantenreichtum der verfügbaren Batteriesysteme: Kann man verschiedene Arten von Lithium-Ionen-Batterien gemeinsam recyceln, oder müssen sie sortenrein vorliegen? "Wir werden untersuchen, wie homogen die Abfallströme sein müssen, um die Wertstoffe in der gewünschten Qualität extrahieren zu können", sagt Rieger dazu.

Der Forscher hebt drei Verfahren hervor, die im Zuge des Projekts auf ihre Tauglichkeit im Batterierecycling untersucht werden. Eine davon ist die Abtrennung des Grafits durch Flotation, die bei einem der Wissenschaftspartner im Konsortium untersucht wird. "Dabei wird die Aktivmasse in Wasser aufgerührt. Durch die Zugabe von Chemikalien wird die Oberfläche des Grafits aktiviert und dieser als aufschwimmender Schaum abgetrennt", erklärt Rieger. Das Ziel ist hierbei, Reinheit und Qualität des extrahierten Minerals so weit zu optimieren, dass es für weitere industrielle Prozesse – etwa zur Herstellung von Feuerfestmaterialien – genutzt werden kann.

In einem weiteren Ansatz wird innerhalb des Projektkonsortiums erprobt, inwieweit ein pyrometallurgischer Prozess zur Abscheidung der vorhandenen Legierungen eingesetzt werden kann. Die Aktivmasse wird dabei auf sehr hohe Temperaturen von bis zu 1700 Grad Celsius aufgeheizt und aufgeschmolzen. Den Metalloxiden wird unter den vorliegenden reduzierenden Bedingungen der Sauerstoff entzogen, sie verflüssigen sich und können in Legierungsform abgeschieden werden. Für Lithium und Phosphor besteht die Idee, sie über ein Gaswäscheverfahren zurückzugewinnen. Die abgeschiedene Legierung könnte eventuell als Zusatz in der Stahlindustrie zur Anwendung kommen.

Bakterieneinsatz

Als dritter Ansatz steht für die Forschenden im Fulibatter-Projekt eine sogenannte biohydrometallurgische Behandlung im Fokus. Diese Methodik wird auch im Bergbau eingesetzt, um Erze zu extrahieren. "Beim Bio-Leaching werden die unlöslichen Metalle durch spezielle Mikroorganismen in eine lösliche Form überführt", sagt Rieger. "Mittels eines nachgeschalteten bioelektrochemischen Prozesses können die Metalle schließlich rückgewonnen werden." Der große Vorteil ist, dass keine hohen Temperaturen nötig sind. Die Prozesse laufen bei weniger als 100 Grad Celsius ab.

In einer zukünftigen Praxis würde nach der Flotation entweder ein pyrometallurgisches, ein biohydrometallurgisches oder – was aus derzeitiger Sicht am wahrscheinlichsten ist – ein kombiniertes Verfahren eingesetzt werden. Am Ende bleiben etwa zehn bis 15 Prozent der Masse als Restschlacke übrig, schätzt der Forscher.

Sie könnte noch weitere Verfahren durchlaufen, etwa eine Lithiumabscheidung, die der biohydrometallurgischen Route nachgeschaltet ist. Vorerst werden die Verfahren im Zuge des Projekts mit kleineren Mengen simuliert. Rieger: "Ansätze, die sich bei dieser Grundlagenforschung als vielversprechend erweisen, sollen dann in Richtung industrieller oder halbindustrieller Prozesse weiterentwickelt werden." (Alois Pumhösel, 9.12.2022)