Inserate von landesnahen Stellen in parteinahen Medien sind dieser Tage in Niederösterreich ein Dauerbrenner. Nach der Veröffentlichung erster Ergebnisses der Landesrechnungshof-Sonderprüfung zu dem Themenkomplex wurde nun ein neuer Strang bekannt: Wie das Onlineportal "Zackzack" berichtet, ermittelt die Staatsanwaltschaft Wien wegen des Verdachts der Untreue gegen "unbekannte Verantwortliche der EVN AG, der Hypo NÖ Landesbank für Niederösterreich und Wien AG sowie der NÖ Landesgesundheitsagentur" in Zusammenhang mit Inseraten in Medien mit ÖVP-Nähe.

Inserate von landesnahen Stellen in parteinahen Medien beschäftigen dieser Tage auch die Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP).
Foto: Imago / Michael Indra

Basis der Ermittlungen sei eine anonyme Anzeige. Der Verfasser äußere darin den Verdacht, dass vom türkis regierten Land Niederösterreich dominierte Unternehmen Inserate zu überhöhten Preisen in Parteimedien der ÖVP schalten würden. Das soll heißen: Die niederösterreichische ÖVP schanze sich über den Umweg der Inserate selbst Geld zu. Im Raum steht also der Vorwurf der unerlaubten Parteienfinanzierung.

Die Rede ist von Preisen, die 1.250 bzw. 366 Prozent höher seien als im "Bezirksblatt" oder in der "Krone". Derartige Praktiken waren zuletzt in Vorarlberg im Zuge der Wirtschaftsbund-Affäre publik geworden.

Nina Bussek, Sprecherin der Staatsanwaltschaft, bestätigte die Ermittlungen gegenüber der APA. Der Polizeibericht liege der Staatsanwaltschaft noch nicht vor. Nähere Details nannte die Sprecherin nicht.

Inserate in "Sicher in NÖ" und "Arbeiten für NÖ"

Konkret gehe es um Inserate von drei Stellen in zwei Publikation. Erstens jene von der EVN AG, der Hypo NOE und der der NÖ-Landesgesundheitsagentur, die in den Jahren 2020 bis 2022 im Magazin "Sicher in NÖ" geschaltet worden sein sollen. Im Impressum des Blatts ist der Innova-Verlag mit Sitz in St. Pölten angeführt. Auf dessen Referenzliste sind von der ÖVP herausgegebene Publikationen wie "Niederösterreich Zeitung" und "NÖ Gemeinde-Kalender" zu finden.

Zweitens seien Inserate der Hypo NÖ seit 2017 im Magazin "Arbeiten für NÖ" für die Staatsanwaltschaft von Interesse. Herausgeber dieses Magazins ist der Niederösterreichischer Pressverein-Zeitungsverlag mit personellen Verflechtungen zum niederösterreichischen ÖAAB, über dessen Aktivitäten in dem Heft auch berichtet wird.

Die börsennotierte EVN gehört über die NÖ Landes-Beteiligungsholding GmbH mehrheitlich dem Land Niederösterreich, die Hypo NÖ zur Gänze. Die NÖ-Landesgesundheitsagentur ist direkt im Eigentum des Landes.

Die Staatsanwaltschaft Wien habe von den zuständigen Ermittlern, dem Landeskriminalamt Niederösterreich, eine Auflistung von Inseraten dieser drei Stellen in den genannten Zeiträumen und Magazinen sowie die dafür verrechneten Preise verlangt, heißt es in dem Bericht. Weiters wolle sie wissen, wer bei EVN, Hypo NÖ und NÖ-Landesgesundheitsagentur für die Schaltung der Inserate verantwortlich sei.

ÖVP ortet "Vernaderung in Alpenbreitbart-Magazin"

Bernhard Ebner, Landesgeschäftsführer der niederösterreichischen ÖVP, wehrt sich in einer Stellungnahme an den STANDARD gegen die Vorwürfe. "Zum wiederholten Male von wahllosen anonymen Anzeigen vernadert zu werden, exklusiv publiziert im Alpenbreitbart-Onlinemagazin – das ist in dem total vergifteten politischen Klima, das auf Bundesebene herrscht, leider zum traurigen Alltag geworden", sagt er.

Im April war eine anonyme Anzeige gegen die ÖVP beim Parteien-Transparenz-Senat eingelangt. Geäußert wurde der Verdacht, dass mit großzügigen Inseraten des Landes oder landesnaher Unternehmen in zwei Zeitschriften der Volkspartei die Regeln zur Parteienfinanzierung umgangen würden. Der Senat sehe allerdings "keinen Anlass für ein Tätigwerden", hieß es damals.

Bestätigt fühlen sich die Freiheitlichen. "Was die FPÖ immer schon aufgezeigt und kritisiert hat, ist nun endlich Gegenstand staatsanwaltlicher Ermittlungen geworden: Die ÖVP-Inseraten-Kreislaufwirtschaft", ließ der niederösterreichische Landesparteichef Udo Landbauer wissen. Ähnlich reagierte Christian Hafenecker, FPÖ-Fraktionsführer im Korruptions-U-Ausschuss des Parlaments: Das "System der schwarzen Kreislaufwirtschaft" sei keinesfalls auf Vorarlberg und die dortige ÖVP beschränkt, teilte er mit. "Ganz im Gegenteil, die ÖVP NÖ hat diese verwerfliche Praktik wahrscheinlich sogar erfunden und auf die Spitze getrieben."

Die niederösterreichische Neos-Landessprecherin Indra Collini attestierte der Volkspartei, kein Korruptionsproblem zu haben, sondern eines zu sein. "Die Staatsanwaltschaft muss jetzt ungestört und unbeeinflusst ermitteln können."

"Die Vorwürfe wiegen schwer", reagierte SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch in einer Aussendung. Sollten sie sich erhärten und Unternehmen, die vom Land Niederösterreich beherrscht werden, zu massiv überhöhten Preisen Inserate in Parteimedien der ÖVP NÖ schalten, wäre "jede rote Linie überschritten".

Landesrechnungshof prüft EVN und Hypo NÖ

Die EVN und die Hypo NÖ mit ihren beachtlichen Inseratenbudgets sind derzeit auch Thema für den niederösterreichischen Landesrechnungshof. Dieser hat auf Verlangen von SPÖ, FPÖ, Grünen und Neos Sonderprüfungen rund um Inserate in parteinahen Medien gestartet. Untersucht wird, ob derartige Medien verdächtig viele Inserate von Unternehmen in Landeshand erhalten.

Drei Berichte wurden bereits vorgelegt – wobei sich die Prüferinnen und Prüfer darin überraschend verschwiegen geben, wie der STANDARD berichtet. Entweder die Empfänger von Inseratengeld werden namentlich genannt – dann ist aber geheim, wie viel die Firmen erhalten haben. Oder es wird angegeben, wie viel Geld geflossen ist – dann bleiben die Unternehmen aber anonym. Berichte zu acht weiteren Unternehmen – darunter auch EVN und Hypo – sind noch ausständig.

ÖVP sieht rote Schmutzkübelkampagne

Auf andere Causa in Zusammenhang mit Medien machte am Mittwoch übrigens die niederösterreichische ÖVP aufmerksam. Landesgeschäftsführer Bernhard Ebner brachte bei einer Pressekonferenz die Online-Medienplattformen "Neue Zeit" und deren Ableger "Neue Zeit Niederösterreich" ins Spiel.

Als Herausgeber und Medieninhaber fungiert die Leykam Medien AG, deren Vorstand Ex-SPÖ-Bundesgeschäftsführer Max Lercher ist. 83,71 Prozent der Anteile an Leykam gehören laut Wirtschaftscompass wiederum der im Eigentum der SPÖ Steiermark stehenden Firma Spectro gemeinnützige Gesellschaft für wissenschaftliche Forschung GmbH. Mehrere Vertreter der sozialdemokratischen Landesgruppe befinden sich dort im Aufsichtsrat. Für Ebner "bestehen viele Überschneidungen mit Entscheidungsträgern bei SPÖ-Medien wie beispielsweise kontrast.at. Der Schluss liegt also nahe, dass es eine gemeinsame Steuerung und gemeinsame Kontrollinstrumente gibt."

Verwiesen wurde vom Parteimanager darauf, dass die "Neue Zeit" im vergangenen Jahr fast 1.000 Inserate auf Facebook geschaltet habe, davon jüngst vermehrt "Negative-Campaigning Werbeschaltungen gegen Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner und die Volkspartei Niederösterreich". Ebner zufolge liegt der Verdacht nahe, "dass es sich hier um eine gemeinsame, groß angelegte, lange geplante und mit sehr viel Aufwand betriebene Kampagne" sowie um "Schmutzkübelkampagnen gegen die Volkspartei Niederösterreich handelt. Vorliegen würden "Umgehungskonstruktionen" bezüglich Inseratenmeldungen und Wahlkampfkostenmeldung.

Die Einbringung einer Sachverhaltsdarstellung beim Bundesrechnungshof wurde "für die nächsten Tage" angekündigt. "Die Aussagen von Ebner zeigen, wie wehleidig die ÖVP Niederösterreich ist, wenn es einmal nicht nach ihrem Kopf geht", konterte SPÖ-Landesgeschäftsführer Wolfgang Kocevar in einer schriftlichen Stellungnahme. (rach, 7.12.2022)