Vorbereitungen für Gemeindewahlen sorgen in den Gemeinden im Norden des Kosovo (Bild: Nord-Mitrovica) für chaotische Zustände.

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Militant-nationalistische Serben versuchen im Norden des Kosovo die Bürgermeister- und Kommunalwahlen, die für den 18. und 25. Dezember angesetzt sind, zu verhindern. Am Dienstag griffen sie Beamte der Wahlkommission und Polizisten, die die Beamten begleiteten, an, als diese das Büro der Wahlkommission in Mitrovica und in Zubin Potok betreten wollten. Zwei Sprengkörper wurden auf das Gelände des Büros der Wahlkommission in Mitrovica geworfen. Aufklärungspatrouillen der EU-Rechtstaatsmission Eulex überwachen derzeit die Sicherheitslage.

Die Lokalwahlen waren notwendig geworden, weil die Kosovo-Serben, die von der Partei Srpska Lista und damit vom serbischen Präsidenten Aleksandar Vučić kontrolliert werden, Anfang November alle Institutionen des Kosovo verlassen haben, auch die Bürgermeisterämter und den Gemeinderat der mehrheitlich serbischen Gemeinden im Nordkosovo. Sie hatten damals dagegen protestiert, dass die kosovarische Regierung Strafen für das Verwenden von serbischen Nummerntafeln einführen wollte. Die kosovarische Regierung hat dieses Vorhaben jedoch wegen des enormen Drucks der USA wieder zurückgezogen – trotzdem sind die Kosovo-Serben nicht in die Institutionen zurückgekehrt.

Verfassungsgemäße Ordnung

Die Wahlen im Nordkosovo sind verfassungsgemäß vorgegeben, damit die Institutionen wieder funktionieren können. Doch auch der US-Botschafter Jeff Hovenier im Kosovo äußerte nun die Sorge, dass der Urnengang wegen der Sicherheitslage nicht möglich sein werde. Die Zentrale Wahlkommission setzt trotzdem die Vorbereitungen fort. Damit steuert der Kosovo auf ein institutionelles Chaos zu. Die meisten Serben im Nordkosovo stehen unter der Kontrolle von Vučić – sie werden nicht an den Wahlen teilnehmen. Die anderen Serben werden seit Jahren mit Gewalt bedroht. Der Politiker Oliver Ivanović, der nicht unter der Kontrolle von Vučić stand, wurde 2018 auf offener Straße erschossen.

Der österreichische Politologe und Balkanspezialist Vedran Džihić vom Österreichischen Institut für Internationale Politik (OIIP) kritisiert, dass die internationale Gemeinschaft es zugelassen habe, dass Vučić das "Monopol über die Serben im Kosovo" habe. "Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb EU-Vermittler wie Josep Borrell die serbische Seite bevorzugen", so Džihić zum STANDARD. Zumal Vučić kürzlich den rechtsextremen Pro-Kreml-Politiker Aleksandar Vulin zum Geheimdienstchef ernannte. "Das ist ein Schlag ins Gesicht des Westens. Wo ist da der Aufschrei in Europa geblieben?", fragt Džihić.

Eingeständnis des Versagens

Man habe in den vergangenen zehn Jahren enorme diplomatische und finanzielle Bemühungen unternommen, um den Nordkosovo in die kosovarischen Institutionen zu integrieren. Wenn man jetzt zulasse, dass die serbischen Parallelinstitutionen wieder aufgebaut werden und die Serben im Nordkosovo die kosovarischen Institutionen verlassen, dann "ist das ein Eingeständnis des Versagens der EU und die Negation dessen, was man investiert hat", so Džihić.

"Die Optik ist schlecht. Denn das sieht wie die Vorbereitung des Teilungsplans des Kosovo aus, also dass der Norden an Serbien angeschlossen wird. Das ist ein Schreckensszenario, das bereits vor vier Jahren auf dem Tisch lag." Džihić meint, dass die derzeitige Politik auf dem Rücken der Schwächeren – also den Kosovaren – ausgetragen werde. Gleichzeitig fände er es gut, wenn die kosovarische Regierung mit einem pragmatischen und positiven Vorschlag auf die Serben im Nordkosovo zuginge, um den Hardlinern nicht das Feld zu räumen.

Serbischer Gemeindeverband

Die EU hat indes der serbischen und der kosovarischen Regierung einen aktualisierten Entwurf ihres Vorschlags zur Normalisierung der Beziehungen zwischen dem Kosovo und Serbien übergeben, mit einem Zeitplan. Die Verhandlungen sollen spätestens im Jänner beginnen. Eine Anerkennung des Kosovo durch Serbien ist nicht zu erwarten. Die USA und die EU verlangen zudem, dass die kosovarische Regierung einem Verband der serbischen Gemeinden im Nordkosovo zustimmt, wie dies im Brüsseler Abkommen 2013 vereinbart wurde. Der kosovarische Premier Albin Kurti ist gegen so einen Gemeindeverband, vor allem wenn er den Charakter "öffentlichen Rechts" und nicht "privaten Rechts" hat. Die kosovarische Regierung will indes einen Antrag auf EU-Mitgliedschaft stellen. (7.12.2022)