Nach Haftstrafen für Mitglieder der staatsfeindlichen Vereinigung "Staatenbund Österreich" zogen sich viele Staatsverweigerer in Österreich zurück, andere tauchten bei den Corona Demos wieder auf.

Foto: imago images/SKATA

Nach der Großrazzia in mehreren deutschen Bundesländern, die auch in Österreich zu mindestens einer Verhaftung und mehreren Hausdurchsuchungen führte, fragen sich viele, was diese Szene eigentlich in Österreich so treibt. Denn was die Behörden in Deutschland aktuell unter "Reichsbürger und Selbstverwalter" subsummieren, kennt man auch in Österreich. Vor allem der "Staatenbund Österreich" mit seinen selbsternannten Staatenbündlern stand vor gar nicht allzu langer Zeit im Rampenlicht. Nämlich 2018 und 2019, als gegen Leitwölfe – und eine besonders bekannte Leitwölfin, die einst in der FPÖ aktiv war – ermittelt wurde. 14 Personen wurde wegen Hochverrats und der Bildung einer staatsfeindlichen Verbindung der Prozess in Graz gemacht.

Bizarre Truppe

Auch in Oberösterreich fiel schon ein, zwei Jahre zuvor eine bizarre Truppe auf, die sich Freemen nannte und hinter viel Esoterik und Verschwörungstheorien an einer demokratiefeindliche Organisation bastelte. 2017 schätzen die österreichischen Behörden die Aktiven aus der Szene noch auf 1.200 Anhängerinnen und Anhänger und immerhin 20.000 Sympathisanten, 2019, als langjährige Haftstrafen in Graz am Ende der Verhandlungen standen, schon von rund 2.700.

In Graz standen 2018 und 2019 14 "Staatenbündler" wegen Hochverrats und der Bildung einer staatsfeindlichen Vereinigung vor Gericht.
Foto: APA/APA POOL/ERWIN SCHERIAU

Bei den Gerichtsprozessen in Graz bekamen Prozessbeobachter Einblicke in eine komplett schräge Welt mir eigenen Dokumenten, selbstgebastelten Kfz-Kennzeichen und dem Fantasieren von Österreich als Firma, manche beriefen sich aufs "Seerecht", es wurden Dokumente wie "Authentizitätskarten", "Lebendmeldungen", "Kfz-Kennzeichen" samt "Zulassungsscheinen" sowie "Landbuch-Eintragungen" verkauft. Man lehnte die österreichischen Gesetze ab und berief sich stattdessen in verschwörungsideologischer Interpretation auf das Seerecht, das Handelsrecht und das sehr frei interpretierte Völkerrecht. Vom Bundesheer forderten die Staatenbündler, es solle regierende Politiker verhaften.

Gewaltdrohungen

Man erkannte die Souveränität der Republik Österreich nicht an und terrorisierte deren Beamtinnen und Beamten mit E-Mails und Gewaltandrohungen. Doch es gab auch Lob aus diesen demokratiefeindlichen Kreisen für eine demokratisch ins Parlament gewählte Partei: für die FPÖ. Seine Fans kann man sich ja angeblich nicht aussuchen. Nach den Urteilen mit mehrjährigen Haftstrafen wurde es vorübergehend ruhiger um die Szene. Die erwähnte Wortführerin der Staatenbündler wurde schließlich 2020 wegen versuchter Bestimmung zum Hochverrat und Gründung einer staatsfeindlichen Verbindung zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Auch in anderen Bundesländern gab es Schuldsprüche gegen Staatsverweigerinnen und Staatsverweigerer.

Doch mit der Pandemie fanden mit Gegnerinnen und Gegnern der Schutzmaßnahmen gegen das Virus auch bekannte Rechtsradikale und Staatsverweigerer den Weg auf die Straße. Eine Krise ist für Staatsverweigerer auch immer eine Chance. Eine Chance, die von ihnen verhasste Republik zu destabilisieren.

Unheilige Allianzen

Der Staat war wieder das Feindbild Nummer eins. Haarsträubende Verschwörungstheorien boomten. Während in Deutschland Reichsbürger bei einer Corona-Demo 2020 den "Sturm auf den Reichstag" probten, sprach auch der jetzige Kanzler und damalige Innenminister Karl Nehammer in Österreich 2021 die wachsende Bedrohung der unheiligen Allianzen, die auf Corona-Demos entstanden oder gestärkt würden, an. Im Jänner 2021 konnte die Stürmung der Parlamentsrampe von Corona-Demonstranten verhindert werden.

Mehre Waffenarsenale wurden in Österreich in den letzten beiden Jahren im rechtsextremen Milieu ausgehoben. Nehammer sprach von einer Gruppe, die genug Waffen gesammelt habe, um "die Republik in massive Krise zu stürzen".

Tag X

Nehammers Nachfolger im Innenministerium, Gerhard Karner, warnte, dass "Rechtsextreme, Hooligans, Staatsverweigerer" gemeinsam versuchten, "die Demos zu unterwandern und ihr Geschäft zu betreiben". Das zum Geschäft auch ein Sympathisieren mit einem Staatsstreich gehörte, konnte man auf einigen der Demos deutlich hören.

Und der Tag X, jener Tag, an dem sich jene aus dem rechtsextremen Lager zu einem Staatsstreich zusammenfinden würden, an dessen Beginn die "Eliminierung" der politischen Gegnerinnen und Gegner stehen solle, taucht auch in Kreisen von Staatsverweigerern immer wieder auf. (Colette M. Schmidt, 8.12.2022)