Perus Präsident Pedro Castillo hat die Auflösung des Parlaments angekündigt und den Ausnahmezustand ausgerufen.

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Perus Abgeordnete im Parlament reagierten erleichtert, nachdem sie Castillo als Präsidenten abgesetzt haben.

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Vizepräsidentin Dina Boluarte bei ihrer Vereidigung.

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In Peru ist der Machtkampf zwischen dem linksgerichteten Präsidenten Pedro Castillo und dem Parlament eskaliert. Der Kongress enthob Castillo am Mittwoch des Amtes, nachdem dieser zuvor die Auflösung des Parlaments verkündet hatte. Kurz darauf wurde Castillo festgenommen, wie die staatliche Nachrichtenagentur Andina berichtete. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen ihn wegen Rebellion. Vizepräsidentin Dina Boluarte wurde als neue Staatschefin vereidigt.

Der einstige Lehrer, der 2021 äußerst knapp gegen die rechtsgerichtete Diktatorentochter Keiko Fujimori die Wahlen gewonnen hatte, kündigte ursprünglich Neuwahlen an. Er befand sich bereits seit seiner Angelobung vor knapp eineinhalb Jahren im Kampf mit dem zersplitterten Kongress, der schon dreimal die Amtsenthebung Castillos versucht hatte.

Der Präsident des Verfassungsgerichtshofes sprach von einem Putsch und forderte den Kongress auf, die Vizepräsidentin des Landes, Dina Boluarte, auf den Posten des Staatschefin zu ernennen. Auch Boularte selbst sagte, es handle sich bei der Entscheidung des Präsidenten "um einen Putsch". Mindestens neun Minister seiner Regierung kündigten zunächst im Protest ihren Rücktritt an. Bei dem späteren Amtsenthebungsverfahren stimmten 101 Abgeordnete für die Absetzung Castillos, sechs waren dagegen und zehn enthielten sich. Die Verfassung des südamerikanischen Landes sieht für diesen Fall vor, dass die Vizepräsidentin die Amtsgeschäfte übernimmt. Die 60-jährige Juristin Boluarte legte am Mittwoch im Kongress in Lima ihren Amtseid ab und rief zur Einigkeit auf.

Castillo sei im Zentrum der Hauptstadt Lima festgesetzt worden, berichtete Andina. In der Präfektur wurde er von der Generalstaatsanwältin Patricia Benavides und der leitenden Staatsanwältin für Korruptionsfälle vernommen. Die Generalstaatsanwaltschaft wirft dem bisherigen Präsidenten einen Angriff auf die verfassungsmäßige Ordnung des Landes vor. Dafür droht nach dem peruanischen Strafrecht eine Haftstrafe von zehn bis 20 Jahren.

Zusätzlich zu den genannten Maßnahmen hatte Castillo vor seiner Absetzung den Notstand ausgerufen und eine Neuordnung der Justiz und die Ausarbeitung einer neuen Verfassung angekündigt. Außerdem verhängte er eine nächtliche Ausgangssperre.

Allerdings hatte sich Castillo offenbar verkalkuliert: Nachdem er die Auflösung des Kongresses angekündigt hatte, gingen ihm zahlreiche Kabinettsmitglieder von der Fahne, allen voran Vizepräsidentin Boluarte. "Ich lehne die Entscheidung von Pedro Castillo ab, durch die Auflösung des Kongresses den Zusammenbruch der verfassungsmäßigen Ordnung herbeizuführen. Das ist ein Staatsstreich, der die politische und institutionelle Krise verschärft, die die peruanische Gesellschaft unter strikter Einhaltung der Gesetze überwinden muss", schrieb sie auf Twitter.

Zahlreiche Minister traten nach Castillos Ansprache zurück. "Weil der Rechtsstaat verletzt wurde und im Einklang mit meinen demokratischen Grundsätzen reiche ich hiermit meinen unwiderruflichen Rücktritt als Minister für Wirtschaft und Finanzen ein", schrieb Finanzminister Kurt Burneo auf Twitter. Auch Außenminister César Landa und Justizminister Felix Chero stellten ihre Ämter zur Verfügung. Generalstaatsanwältin Benavides sagte: "Wir weisen den Bruch der verfassungsmäßigen Ordnung auf das Schärfste zurück."

Castillos Regierung war bereits im Aufruhr. Vergangene Woche hatte er die Kulturministerin des Landes zur neuen Ministerpräsidentin ernannt, nachdem der Amtsinhaber zurückgetreten war. Die 33-jährige Betssy Chavez ist damit die fünfte Besetzung des Postens seit der politisch angeschlagene Castillo vor 16 Monaten sein Amt antrat.

Zahlreiche Verfahren

Gegen Castillo laufen mehrere Ermittlungsverfahren, unter anderem wegen Einflussnahme bei Beförderungen im Militär und bei der Polizei sowie wegen Behinderung der Justiz. Mehrere lateinamerikanische Länder wie Chile, Kolumbien oder Brasilien zeigten sich über die Entwicklungen in Peru besorgt und riefen zu Ruhe, Besonnenheit, Vernunft und Dialog auf.

Mexikos Regierung wäre grundsätzlich bereit, dem Linkspolitiker Asyl zu gewähren, wenn er dies beantragt. "Wir verfolgen eine Politik, die dem Asyl positiv gegenübersteht. Ich glaube nicht, dass wir es ablehnen würden", sagte Außenminister Marcelo Ebrard, "wenn er darum bittet, werden wir es wohlwollend erwägen". (red, APA, 7.12.2022)