Im Iran wird seit Mitte September, seit dem Tod von Mahsa Amini, gegen die politische Elite und das politische System des Landes demonstriert.

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Teheran – Im Iran ist erstmals ein Todesurteil im Zusammenhang mit den seit fast drei Monaten anhaltenden Protesten gegen die Staatsführung in Teheran vollstreckt worden. Wie die Justizbehörde auf ihrer Website Misan Online mitteilte, wurde am Donnerstag ein Mann hingerichtet, der Ende September bei einer Straßenblockade in Teheran ein Mitglied der paramilitärischen Basij-Milizen verletzt hatte.

Der "Randalierer" Mohsen Shekari habe am 25. September den Sattar-Khan-Boulevard in Teheran blockiert und einem Basiji in die linke Schulter gestochen, erklärte die Justiz. Am Donnerstagmorgen sei er hingerichtet worden.

Noch elf weitere zum Tod Verurteilte

Shekari war den Angaben zufolge am 1. November von einem Revolutionsgericht in Teheran verurteilt worden. Am 20. November habe das Oberste Gericht die Berufung abgewiesen und damit die Vollstreckung des Urteils erlaubt. Laut der Justizbehörde wurde Shekari für schuldig befunden, "in der Absicht zu töten, Terror zu verbreiten und die Ordnung und Sicherheit der Gesellschaft zu stören" gekämpft und seine Waffe gezogen zu haben.

Teheran bezeichnet die Demonstranten als "Randalierer" und wirft den USA, anderen westlichen Ländern und kurdischen Exil-Gruppen vor, die Proteste zu unterstützen. Die iranische Justiz hat noch elf weitere Angeklagte im Zusammenhang mit den Protesten zum Tode verurteilt.

Baerbock kündigt harte EU-Reaktion an

Dass die iranische Führung "mit diesen perfiden Schnellverfahren" und dem Todesurteil "ein grausames Exempel" statuiere, unterstreiche die Menschenverachtung dieses Regimes, sagte die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock am Donnerstag bei einem Treffen mit ihrem irischen Kollegen Simon Coveney in der Hauptstadt Dublin. Sie hat eine harte Reaktion der Europäischen Union auf die Hinrichtung im Iran angekündigt.

Das Auswärtige Amt zitierte im Zusammenhang mit den Vorfällen nach Informationen aus Regierungskreisen den iranischen Botschafter in Deutschland ins Ministerium. Dies gilt als scharfe diplomatische Reaktion.

Coveney sagte, beim Treffen der EU-Außenminister am kommenden Montag in Brüssel werde die EU eine starke und einige Position beziehen und die Sanktionen gegen den Iran ausbauen. Coveney sprach angesichts der Hinrichtung von einer brutalen Reaktion auf legitime Proteste.

Auch unabhängige UN-Experten haben das vollzogene Todesurteil scharf verurteilt. Sie äußerten am Donnerstag in Genf gleichzeitig Sorge um ein Dutzend weitere Menschen, die nach ihren Angaben im Zusammenhang mit den Demonstrationen zum Tode verurteilt worden sind. Der 23-Jährige, der am Donnerstag hingerichtet wurde, habe keinen fairen Prozess bekommen, sagten die Experten des UN-Menschenrechtsrats.

Schuldspruch: "Kriegsführung gegen Gott"

Ohnehin dürfe die Todesstrafe, wenn überhaupt, nur bei den schlimmsten Verbrechen verhängt werden – etwa, wenn ein Täter absichtlich den Tod von anderen herbeiführe. Der Demonstrant war wegen "Kriegsführung gegen Gott" zum Tode verurteilt worden.

Darunter ist nach Informationen der Berichterstatter der kurdische Rapper Saman Jasin. Er soll am 29. Oktober zum Tode verurteilt worden sein, weil er in Liedern die Regierung kritisiert hatte. Ein weiterer Rapper, Tumadj Salehi, soll nach Videos, in denen er zur Teilnahme an den Protesten aufrief, wegen "Verbreitung von Korruption" verurteilt worden sein, was auch die Todesstrafe nach sich ziehen könnte. Es gebe Berichte, dass Salehi gefoltert werde, teilten die Berichterstatter mit. Er soll eine gebrochene Nase, gebrochene Finger und ein schwer verletztes Bein haben.

Der Iran wird seit dem Tod der jungen Kurdin Mahsa Amini am 16. September von Protesten erschüttert. Die 22-Jährige war kurz nach ihrer Festnahme durch die Sittenpolizei wegen eines nicht ordnungsgemäß getragenen Kopftuchs gestorben. Aktivisten werfen der Polizei vor, die junge Frau misshandelt zu haben.(red, APA, AFP, 8.12.2022)