Ein Treibstofflager in Brüssel. Lukoil produziert etwa zwei Prozent des Rohöls weltweit.

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Die zu Wochenbeginn verschärften Sanktionen gegenüber Russland scheinen zu wirken, zumindest teilweise. Das zeigt sich beispielsweise 140 Kilometer westlich von St. Petersburg in der Hafenstadt Primorsk. Dort wird das überwiegend im Westen des Landes geförderte Rohöl der Sorte Urals verschifft, traditionellerweise nach Europa. Seit die EU einen Importstopp für russisches Öl eingeführt hat, befinden sich die Exportpreise dort im freien Fall.

Laut Daten des Brancheninformationsdienstes Argus Media notierte der Uralspreis zuletzt bei rund 45 Dollar pro Fass (rund 159 Liter). Das entspricht einem Abschlag von mehr als 40 Prozent auf die in Europa preisführende Nordseesorte Brent. Im äußersten Osten Russlands sieht es anders aus: Rohöl aus Sibirien, das über die Espo-Pipeline an die Pazifikküste bei Wladiwostok gepumpt wird, kostet nach Angaben von Argus derzeit rund 72 Dollar pro Fass – und notiert damit nahe am Weltmarktpreis.

Preisobergrenze hat bisher Ziel verfehlt

Aus Sicht von Giovanni Staunovo, Rohstoffexperte der Schweizer Großbank UBS, zeigen die beiden Preise vor allem eines: Das seit dem 5. Dezember geltende Importembargo der EU wirkt, der beschlossene Maximalpreis von 60 Dollar pro Fass für Lieferungen an Drittstaaten verfehlt das Ziel jedoch bisher. Die Preisgrenze sei "eher eine symbolische Maßnahme", sagte Staunovo dem Handelsblatt.

Die EU hat gemeinsam mit den sieben wichtigsten Industrienationen mit USA und Kanada an der Spitze (G7) beschlossen, Russland vorzuschreiben, zu welchem Preis es sein Erdöl auf dem Weltmarkt verkaufen darf – nicht mehr als 60 US-Dollar (57 Euro) je Fass. Dem hat sich auch Australien angeschlossen. Ziel ist, die Kriegskasse des Kreml auszutrocknen und die Energiepreise weltweit zu stabilisieren.

Die neuen Sanktionen entfalten ihre Wirkung jedoch vor allem im Ölhandel in der Ostsee. Dort fallen die Ölpreise, unter anderem, weil Tanker viel größere Routen in Kauf nehmen müssen. UBS-Experte Staunovo sagt: "Es ist weiterhin sehr attraktiv für asiatische Länder, dieses billige Öl zu kaufen."

Produktionseinschränkungen

Dennoch glaubt er nicht, dass es Russland gelingen wird, sämtliches Öl, das früher nach Europa verschifft wurde, weiterzuverkaufen. Auch die Lagerkapazitäten sind beschränkt. Staunovo ist daher überzeugt: "Es wird zu Produktionseinschränkungen in Russland kommen."

Branchenkreisen zufolge ist das Volumen der russischen Ölexporte bereits in den vergangenen 48 Stunden gefallen. Die EU trifft mit ihren Sanktionen einen bedeutenden Teil der russischen Ölindustrie: Expertenschätzungen zufolge macht Öl der Sorte Urals zwischen 40 und 50 Prozent der russischen Ölexporte aus.

Daher ist es auch kein Wunder, dass die russische Führung versucht, den Preis für Uralsöl zu stabilisieren. Medienberichten zufolge diskutiert die Administration von Präsident Putin drei mögliche Reaktionen auf die Sanktionen des Westens.

Gegenmaßnahmen Russlands

Als eine Gegenmaßnahme werde über eine Rabattgrenze diskutiert, meldet die Wirtschaftszeitung Wedemosti. Das bedeute, dass Verkäufer auf Urals nur noch einen bestimmten Prozentsatz an Rabatt gegenüber dem Weltmarktpreis für Brent gewähren dürfen.

Auch könnte Russland heimischen Ölgesellschaften verbieten, den Rohstoff an Länder zu verkaufen, die die Preisobergrenze unterstützen. Als Alternative gilt schließlich ein Verbot für Verträge, in denen die Preisobergrenze festgeschrieben wird. (Günther Strobl, 9.12.2022)