Pianistin Yuja Wang und Geiger Leonidas Kavakos waren ein umjubeltes Duo.

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Wien – "Jedes Verklingen eines Tons ist schon ein Drama für sich", hat der Komponist Beat Furrer einmal geäußert. Angesichts des Spiels des Geigers Leonidas Kavakos ließe sich dieser Gedanke ausweiten: Bei ihm macht praktisch jede Note eine Geschichte durch – in der Farbgebung, im Anschwellen, im Verklingen. Seine herrlich warme Stradivari ist ungemein charaktervoll, sein Spiel ebenso lustvoll musikantisch wie tiefgründig.

Im Großen Musikvereinssaal war er gemeinsam mit der Ausnahmepianistin Yuja Wang für ein Sonatenrecital zu Gast, mit Brahms (erste Sonate G-Dur), Schumann (d-Moll-Sonate) und der Violinsonate von Leoš Janáček.

Es ist nicht leicht, etwas aus diesem intensiven Abend hervorzuheben, an dem Kavakos hochkonzentriert ein Seelenbild an das andere reihte.

Aber seine Realisierung des launischen, von innerer Zerrissenheit erzählenden Janáček-Stücks war von besonderer Brisanz: da ruppig bis zur Starrheit, dort zart, sanft, weich und fragil: Seine einmalige Tongebung – man sieht es – spottet jeder sprachlichen Beschreibung, seine Nuancen wirken unerschöpflich in ihren Abstufungen und Klangmischungen.

Aberwitziges Können

Schwungvoll und fulminant auch die drei (!) gewichtigen Zugaben: Brahms’ stürmisches Scherzo aus der F.A.E.-Sonate, der erste Satz aus Bartóks erster Rhapsodie für Violine und Klavier und der dritte Satz von Brahms’ dritter Sonate, der bei Wang fast wie eine Horowitz-Paraphrase klang. Ein kleiner Einwand könnte lauten, dass ein wirkliches kammermusikalisches Miteinander ein weiter reichendes gemeinsames Gestalten, einen spürbaren gemeinsamen Atem beinhalten müsste.

Aber angesichts von Wangs aberwitzigem Können und ihrer schlafwandlerisch tiefen Musikalität und Differenzierungskunst wäre das fast frivol. Das Publikum war ob des Zusammentreffens zweier so großartiger Persönlichkeiten ohnedies begeistert. (daen, 9.12.2022)