Anson Mount ist in der neuen "Star Trek"-Serie "Strange New Worlds" der in allen Lagen verlässliche Captain.

Foto: Paramount Pictures

Captain, mein Captain. Müde sehen Sie aus. In einem braunkarierten Anzug sitzt mir der Schauspieler Anson Mount gegenüber, der sich gerade auf Promo-Tour für seine neue Serie Star Trek: Strange New Worlds in Berlin befindet, die auf Paramount+ und Sky auch hierzulande geschaut werden kann. Rund anderthalb Stunden habe ich dafür in einer Online-Lobby gewartet, und nun liegen sieben Minuten vor mir, in denen ich Fragen stellen darf. Sieben Minuten, in denen sich Captain Pike ein Bild von mir machen wird.

Anson Mount isst noch

Es ist mein erstes Interview mit einem Hollywoodstar, deshalb ist der veranstaltete Zirkus vorab neu für mich. So wurde etwa ein sehr frühes Einwählen in die Online-Lobby vorausgesetzt, um die Technik prüfen zu können. Die nette PR-Verantwortliche begrüßt also alle sieben Minuten eine neue Kollegin oder einen neuen Kollegen, um diesen Check durchzuführen. Nachdem dieser Prozess mehrfach wiederholt wird, fragt ein Kollege, ob er denn bald dran sei. "Herr Mount isst noch", entschuldigt sich die PR-Dame. Es sei ein langer Tag mit vielen Interviews – ein paar Pausen müsse der Mann machen.

Paramount Plus

Verstehe ich gut. Alle sieben Minuten die ewig gleichen Fragen vor den Latz geknallt zu bekommen muss ermüden und hungrig machen. "Herr Mount ist gleich wieder verfügbar", werden wir informiert.

Gräben überwinden

Rund 50 Minuten nach dem geplanten Interviewstart werde ich nach kurzer Vorwarnung in den virtuellen Raum mit Mount geworfen. Ich begrüße den müde wirkenden Schauspieler. Ich leiste mir die Frage, wie es ihm an so einem Tag denn ginge. "Ich habe schon andere Gräben überwunden", antwortet er und versucht zu lächeln.

Als aufmerksamer Seher der neuen Serie Strange New Worlds, in der Mount den Captain des berühmten Raumschiffs Enterprise spielt, spreche ich ihn auf die zweite Folge an, in der er "Ich liebe diesen Job" in die Kamera haucht. Ob er denn seinen Job liebe, frage ich – auch an Tagen wie diesen. Er erzählt eine Story über einen befreundeten Regisseur, der vor geraumer Zeit einen Film mit dem Schauspieler Pierce Brosnan gedreht hat.

Kein Schauspiel nötig

Im Drehbuch von Brosnan sah der Regisseur Notizen. Bei den meisten Zeilen stand "NAR". Der Regisseur fragte, was es damit auf sich hatte. Brosnan antwortete: "No acting required", kein Schauspiel nötig. Damals ging es um eine eisige Umgebung, die Brosnan das Schauspielen abnahm, weil er offenbar von Natur aus kälteempfindlich ist. Mount sagt, dass er als Star Trek-Fan in einem Captain-Sessel und einem extrem teuren Set so tun darf, als würde er eine Mannschaft durchs Weltall führen. Ja, er liebe seinen Job.

Jetzt nichts Falsches sagen

Nach der ausführlichen Antwort, erhalte ich von außen die Info: "Noch fünf Minuten". Ich beginne zu schwitzen, streiche Diversität von meinem Notizzettel und frage stattdessen, ob er Bedenken hatte die Rolle anzunehmen. Mount überlegt. Die Uhr tickt. "Bedenken?", fragt er und beugt sich kurz nach vorn. Jetzt nur nichts Falsches sagen, sonst sind sieben Minuten schneller vorbei als gedacht. "Die Fans vielleicht?", frage ich zaghaft nach.

Nein, nicht die Fans, sagt Anson. Strange New Worlds solle sich wie das Original anfühlen. Er setzte vor drei Jahren, als die neue Serie beschlossen wurde, viel Vertrauen in das durch Star Trek: Discovery eingespielte Team: "Die Pandemie war dann viel mehr ein Problem, und immer stand die Gefahr im Raum, dass die Dreharbeiten ein jähes Ende finden würden." Am Ende ging es darum, den Fans ein Geschenk zu machen: "Du kennst das vielleicht, wenn du das perfekte Weihnachtsgeschenk verpackst und es dann nicht erwarten kannst, bis dein Gegenüber es endlich aufmacht", erzählt Mount mit einem Leuchten in den Augen, und ich freue mich, weil ich gerade noch einmal die Kurve gekratzt habe. Langsam entsteht eine Chemie zwischen uns.

Ich frage, ob es ein Rezept gibt, wie man eine Star Trek-Serie angeht, um auf Nummer sicher zu gehen. Mount verneint: "Du kannst die beste Besetzung und das beste Drehbuch haben, das größte Budget – am Ende ist es trotzdem wie ein Truthahn, den du am Ende aus dem Ofen holst." Man habe darauf gehofft, aber mit dem überschwänglichen Feedback in den USA, wo die Serie schon vor Monaten gestartet ist, habe niemand gerechnet.

Captain Pike

Noch zwei Minuten. Der Captain nimmt einen kräftigen Schluck Mineralwasser und sagt: "Go on." Als Videospieler spreche ich ihn auf Synchronauftritte in Videospielen an und ob er für ein längst überfälliges Star Trek-Spiel zu begeistern wäre. Mount lacht: "Es hängt vom Spiel ab." Er sei selbst ein Gamer und schätze gute Drehbücher in Spielen.

Letzte Frage. "Würde es Sie stören, wenn man Sie irgendwann nur noch als Captain Pike auf der Straße ansprechen würde?" Keineswegs, sagt Mount. Das würde zeigen, dass er mit der Rolle eine gewisse Bekanntheit erlangt hätte.

Sieben Minuten sind vorbei. Ich bedanke mich. Ein sympathischer Mann, dieser Anson Mount. Vielleicht bin ich das nächste Mal auch zum Mittagessen eingeladen. (Alexander Amon, 10.12.2022)