Heinrich XIII. Prinz Reuß als neues deutsches Staatsoberhaupt – an die Spitze geputscht von einer Gruppe von Extremisten, die über Waffen verfügt und auch den Reichstag in Berlin stürmen wollte.

Wäre dies ein Drehbuch, hätte sich wohl kaum jemand gefunden, der es verfilmt, es sei denn als Satire. So irre klingen die Pläne, die die Bundesanwaltschaft zu umfangreichen Ermittlungen und einer Riesenrazzia veranlasst haben.

Eines darf man mit Gewissheit annehmen: Ein solcher Umsturz wäre in Deutschland nicht "erfolgreich" durchzuführen gewesen. "Erfolgreich" im Sinne von: Operation gelungen, Bundespräsident vertrieben, eine neue Führung regiert das Land.

Und dennoch wäre es brandgefährlich gewesen, diese merkwürdige Szene nur zu belächeln und sie als Ansammlung von Spinnern abzutun. Das haben viele in Deutschland lange gemacht. Mittlerweile weiß man, dass sich Reichsbürgerinnen und Reichsbürger oft nicht mit dem Basteln von Fantasiedokumenten für einen nicht existenten Staat zufriedengeben.

Es handelt sich nicht nur um merkwürdige Außenseiter, sondern um Menschen mit Waffen, die Zugang zum Bundestag haben.
Foto: APA/dpa/Uli Deck

Sie haben sich radikalisiert und demonstrieren ihre Ablehnung demokratischer Strukturen deutlich. Schon das ist alarmierend. Noch brisanter allerdings wird dieses merkwürdige Gebräu, wenn sich eben nicht nur ein paar vermeintlich harmlose Außenseiterinnen und Außenseiter zusammentun, sondern Menschen mit Waffen, die auch noch Zugang zum Bundestag haben.

Man möchte sich nicht vorstellen, was am "Tag X" passiert wäre, wenn die Putschisten Ernst gemacht hätten. Erinnerungen an den Sturm auf das Kapitol in Washington im Jänner 2021 drängen sich unweigerlich auf.

So etwas darf es in Deutschland nicht geben. Wenn nun von vielen gelobt wird, dass sich der Staat wehrhaft gezeigt habe und die Demokratie stark sei, dann kann man natürlich einstimmen. Aber damit ist die Sache nicht erledigt.

Deutschland wird mehr tun und die Reichsbürgerszene viel genauer in den Blick nehmen müssen. Sie ist in den vergangenen Jahren stetig gewachsen. Immer mehr Menschen sehnen sich in unruhiger Zeit nach einer straffen Führung, die in diesem Milieu, wie übrigens auch in der AfD, verheißen wird.

Und noch eine Hausaufgabe wartet: die genauere Überprüfung derer, die für den Staat arbeiten – sei es für die Polizei, Gerichte oder die Bundeswehr. Dort dürfen nur jene beschäftigt werden, die fest auf dem Boden des Grundgesetzes stehen. (Birgit Baumann, 9.12.2022)