Seinen eigenen Weihnachtsbaum hat Gernot Brandl bereits Anfang November ausgewählt. Und der ist dieses Jahr üppig: Maximal 2,80 Meter passen in sein Haus, sagt der Christbaumbauer aus Niederösterreich, diese werden auch ausgenutzt: "Ja, heuer ist es ein großer Baum." Noch ein Merkmal, das Brandl bei den Bäumen wichtig ist: Richtig buschig müssen sie sein.

Brandls Christbaumservice bietet Weihnachtsbäume zwischen einem und drei Metern Höhe an; online inklusive Versand in alle Ecken Österreichs oder persönlich bei einem seiner Standln in Wien und Niederösterreich. In der Hauptstadt startet der Christbaumverkauf auf öffentlichen Plätzen am Montag. Bis 24. Dezember haben diese jeweils von 8 bis 20 Uhr auch für Spätentschlossene geöffnet.

Der kleinste Stand mit einer Fläche von nur vier Quadratmetern befindet sich in der Leopoldstädter Lassallestraße, der größte, 300 Quadratmeter messende, im Döblinger Strauß-Lanner-Park. Rund 60 Prozent der Wienerinnen und Wiener kaufen ihre Christbäume bei derartigen Ständen, die zweitbeliebteste Quelle sind mit 20 Prozent Baumärkte.

Auf zwei Hektar wachsen in Mayerhofen bis zu 15.000 Weihnachtsbäume.
Foto: Christian Fischer

In Brandls Angebot finden sich online wie offline ausschließlich Nordmanntannen. Es sei der Baum, der seit den 2000er-Jahren den Siegeszug angetreten hat. Denn: Die Fichte sticht, die Tanne nicht", erklärt der Landwirt lachend. Brandls Tannen kommen aus seiner eigenen Zucht in Mayerhofen, knapp eineinhalb Autostunden von Wien entfernt. Dort wachsen auf rund zwei Hektar bis zu 15.000 Christbäume.

Die zwei Meter hohe Pyramide

Aber wie sieht nun der unter den Wienerinnen und Wienern beliebteste Weihnachtsbaum aus? "Laut unserer Statistik ist er zwischen 1,70 und zwei Meter hoch, dicht und pyramidal gewachsen", erzählt Brandl. Allerdings: Von selbst wird der Baum nicht zum Christbaum. "Er wird dementsprechend zugeschnitten, damit er auch bis in die Höhe hinauf kompakt bleibt."

1,70 bis zwei Meter hoch, dicht und pyramidal gewachsen: So sieht der beliebteste Weihnachtsbaum aus.
Foto: Christian Fischer

Denn eines ist definitiv nicht mehr gefragt: "Etagige Bäume, wie man sie vielleicht aus den 1990er-Jahren kennt – das ist vorbei. Der Wiener Markt möchte das nicht. Solche Bäume können höchstens noch in vereinzelten Bundesländern verkauft werden", sagt Brandl. Er zeigt auf einen eher mageren Baum: "Oberösterreich."

Im Alter von rund drei Jahren werden die Bäume auf Brandls Christbaumfeld eingesetzt. Weitere drei Jahre später sind die Tannen dann auf einen Meter angewachsen. "Danach geht es schubweise, da kommen 35 bis 40 Zentimeter pro Jahr dazu. In der ganzen Zeit müssen wir mähen, düngen, schneiden", erzählt der Unternehmer. Auch wenn die Christbäume bei den meisten nur wenige Wochen im Wohnzimmer stehen, für Brandl ist die Zucht ein Ganzjahresjob.

Brandls Tannen sind Aufputz für mehrere Christkindlmärkte – angeliefert werden sie von Anfang bis Mitte November.
Foto: Regine Hendrich

Niederösterreich ist allgemein der Christbaumhotspot des Landes: Etwas mehr als die Hälfte der österreichweiten 3500 Hektar Anbaufläche ist hier zu finden. Bewirtschaftet wird sie von rund 280 Christbaumbäuerinnen und Züchtern, in ganz Österreich gibt es davon um die 1000. In Österreich werden jedes Weihnachten rund 2,8 Millionen Christbäume aufgestellt – 90 Prozent stammen aus heimischer Produktion.

Mit schwerem Gerät

Aufputz sind Brandls Tannen auch für mehrere Christkindlmärkte, zum Beispiel im Badener Kurpark in Niederösterreich oder auf mehreren Plätzen in Wien, etwa bei Stephansdom oder Rathaus. Aufgestellt werden dort die Tannen von Anfang bis Mitte November.

Brandl und drei Mitarbeiter rücken dafür mit schwerem Gerät an: Neben den Bäumen befinden sich mit Sand und Schotter gefüllte, zylinderförmige Behälter, Waschbetonplatten mit einem Gewicht von je 15 Kilo und zahlreiche Spanngurte auf der Ladefläche des Lieferwagens, der am Wiener Rathausplatz parkt. "Wir tun alles, damit der Baum nicht umfällt. Auch aus Eigennutz", sagt Brandl. "Wir wollen ja nur zweimal kommen: zum Aufstellen und zum Abholen."

"Der Christbaum ist ein sehr emotionales Thema. Da hat jeder seine Vorstellungen", sagt Christbaumbauer Brandl.
Foto: Regine Hendrich

Von dem unwürdigen Kampf zwischen Mensch, Stamm und Kreuz, dem das Christbaumaufstellen in so manchem Haushalt gleicht, ist die Arbeit von Brandls Team meilenweit entfernt. Binnen knapp zwei Stunden stecken zehn Tannen kerzengerade in ihren Ständern. Die Waschbetonplatten und Gurte zum Beschweren und Fixieren sind ansehnlich mit Reisig kaschiert.

Auf diesen Moment hat eine eigens engagierte Dekorateurin bereits gewartet. Viel zu tun bleibt für sie aber nicht: "Diese Bäume brauchen fast keinen Schmuck. Die sind eh so schön", sagt sie. Dazu kommt, dass sie keine optische Konkurrenz schaffen wolle zum berühmten Nachbarn von Brandls Tannen: dem Herzerlbaum. Mit silber- und goldfarbenen Kugeln, Sternen und Engerln wird das Dilemma schließlich gelöst.

50.000 Kugeln im Fundus

Nicht nur im öffentlichen Stadtbild landen die geschmückten Bäume, auch bei Firmenkunden. Die erhalten ein Gesamtkunstwerk: nicht nur den Baum, sondern auch den dazupassenden Schmuck. "Meistens ist es von der Firma so gewünscht, dass man das Corporate Design halt einhält", sagt Brandl. Ist Schwarz im Logo enthalten, rate er davon ab. "Das ist zu hart. Da nimmt man dann meistens Gold oder Silber."

Ein paar gold- und silberfarbene Kugeln, Sterne und Engerln – fertig sind die Tannen im Rathauspark dekoriert.
Foto: Christian Fischer, Regine Hendrich

Rund 50.000 Kugeln befinden sich in Brandls Fundus: von Cremetönen über Champagner bis hin zu knalligen Farben. Und natürlich die Klassiker: Gold, Silber, Rot und Grün. "Kugeln und Licht sind immer das Grundthema." Dazu gibt es Extras: Steht der Baum in einem Raum, kommen Packerln in den Firmenfarben darunter – "die sind alle leer", sagt Brandl –, ist der Baum draußen, tut es Reisig. In der Vorweihnachtszeit seien neun Dekorateurinnen "im Akkord" im Einsatz.

Emotionen unterm Baum

Menschen, die den Baum für zu Hause kaufen, schmücken ihn zum Großteil selbst. "Der Christbaum ist ein sehr emotionales Thema. Da hat jeder seine Vorstellungen", sagt Brandl. Das merkt er auch am Stand. Da gebe es jene Kundinnen und Käufer, die erst einmal jeden Baum inspizieren, weiter zum nächsten Stand ziehen und ein paar Stunden später wiederkommen. "Sie wollen sich alle Optionen ansehen."

Und dann wären da noch diejenigen, die den Baum kaufen, aber eigentlich nicht bestimmen dürfen. "Immer wieder haben wir Männer, die suchen den Baum aus, am nächsten Tag tragen sie ihn zurück, weil er der Frau nicht gefallen hat." Dann wird auch anstandslos umgetauscht. Ein gängiger Fehler: "Viele überschätzen, wie hoch zwei Meter sind – sie wundern sich, dass der Baum nicht so viel größer ist als sie selbst, dabei sind sie 1,80."

In Mayerhofen schließt sich der Kreis: Die ausgedienten Bäume werden gehäckselt und in der Kultur ausgestreut.
Foto: Christian Fischer

Wie der Baum frisch bleibt

Die Frischetipps vom Baumprofi: Vor dem Aufstellen noch einmal den Stamm ansägen, einen kühlen Platz finden – weg von Heizkörpern und Co – und einen Christbaumständer nutzen, in den man Wasser geben kann. In den ersten sieben bis acht Tagen nimmt der Baum noch Wasser auf, dann beginnt er allerdings langsam zu verwelken.

Ihre letzte Ruhe finden viele von Brandls Bäumen an einem ihnen wohlbekannten Ort. Jene Exemplare, die von ihren Besitzern nicht selbst entsorgt werden, sondern von ihm abgeholt werden, kommen erst auf einen Lagerplatz an der A2 bei Traiskirchen. Ihre Überreste werden gehäckselt und schließlich in der Zucht in Mayerhofen zwischen dem Nachwuchs ausgestreut. Das helfe gegen Unkraut, erklärt Brandl. "So schließt sich der Kreislauf." (Oona Kroisleitner, Stefanie Rachbauer, 12.12.2022)