Ein meterhoher Stacheldrahtzaun in Elchowo an der Grenze zwischen Bulgarien und der Türkei.

Foto: APA/AFP/NIKOLAY DOYCHINOV

Kritik an der Grenze zwischen Bulgarien und der Türkei gibt es von vielen Seiten. Aber aus sehr unterschiedlichen Gründen. Vor wenigen Tagen sorgte der Bericht eines investigativen Netzwerkes bestehend aus dem ARD-Magazin Monitor, dem Spiegel sowie den internationalen Medien LighthouseReports, Sky News, Le Monde,Domani, SRF und RFE/RL Bulgaria für Aufregung, weil darin völlig illegale "Geheimgefängnisse", in denen mutmaßlich schwere Menschenrechtsverletzungen passieren, gezeigt wurden.

Für Kenner der Region und der Asylpolitik vor Ort war die Existenz solcher "Gefängnisse", eher Verschläge, in denen Schutzsuchende wie Tiere eingesperrt werden, nichts Neues. Neu ist jedenfalls, dass Journalistinnen und Journalisten die Existenz solcher Orte dokumentieren konnten. Die EU-Grenzschutzagentur Frontex kündigte mittlerweile Ermittlungen an.

Mit Stöcken geschlagen

Darunter war zum Beispiel ein vergitterter, baufälliger Verschlag auf dem Gelände einer Station der bulgarischen Grenzpolizei. Der Bericht enthielt Videomaterial über diese Geheimgefängnisse, in denen Geflohene ohne Verfahren, ohne Wasser, Nahrung und ohne Toiletten teils tagelang eingesperrt werden. Die Menschen sollen vor illegalen Pushbacks zurück in die Türkei auch mit Stöcken geschlagen worden sein. Man habe Hunde auf sie gehetzt. Vor den Pushbacks habe man außerdem Gruppen von Asylsuchenden gezwungen, sich nackt auszuziehen, und sie gezwungen, so bei frostigen Temperaturen im Freien auf dem Boden zu sitzen. Auch von solchen menschenunwürdigen Aktionen zeigt das ARD-Magazin Bilder.

Hundebisse im Gesicht

Auch Flüchtlinge, die es über Bulgarien bis nach Österreich geschafft haben, erscheinen den Helferinnen und Helfern an der slowenisch-österreichischen Grenze besonders schwer traumatisiert. Dort leben seit Anfang November immer wieder hunderte Geflohene in sogenannten Wartezonen im südsteirischen Spielfeld – DER STANDARD berichtete. Die Juristin Petra Leschanz, Gründerin der Organisation Border Crossing Spielfeld, erzählte dem STANDARD, dass auffallend viele der Geflohenen, die in Bulgarien waren, mit massiven Bisswunden von Polizeihunden ankamen.

"Ein Mann aus Syrien hatte die Bisswunden der Polizeihunde sogar in seinem Gesicht, ein anderer, ein Mann aus Marokko, am gesamten Körper." Es sei auffällig, dass die mitunter schlimmsten Geschichten über besonders brutale Polizeibeamte immer wieder von Menschen erzählt werden, die über Bulgarien gekommen sind. "Die Hunde werden in Bulgarien von der Polizei systematisch als Waffe eingesetzt, sie werden auf wehrlose Menschen gehetzt", sagt Leschanz.

Ohne Heizung im Zelt

Am Sonntagabend befanden sich in Spielfeld rund 170 Menschen. In den beiden Großzelten, in denen sie schlafen, fielen in der Nacht von Samstag auf Sonntag sechs Stunden lang die Gebläseheizungen aus – bei Schneefall. (Colette M. Schmidt, 12.12.2022)