Peter Reichl und Werner Gruber beim Bau einer Silvesterrakete, die sie 2019 im Hörsaal abgefeuert haben. Keine Bange, nix passiert! Die beiden kennen sich aus.

Foto: Fakultät für Informatik, Uni Wien

Sie ist eine Kultveranstaltung und jahreskreisbedingt in gewisser Weise auch eine Kultusveranstaltung: die traditionelle Weihnachtsvorlesung der Informatikfakultät der Universität Wien. Und die gute Nachricht für alle, die schon darauf warten: Morgen, Kinder, wird's was geben! Santa kommt und bringt, fakultätskonform, den Turing-Keks mit – und das Ganze endlich wieder live im Hörsaal!

Hier, bei Turing – Turing, wer? – werden vielleicht ein paar Leserinnen und Leser schon aussteigen, Informatikkundige und historisch Interessierte aber hoffentlich mit umso größerer Vorfreude weiterlesen.

Lachen Sie mal über einen Bären – oder trinken Sie Gin!

Denn im Mittelpunkt der diesjährigen Xmas-Sause, die wieder von einem Team rund um Professor Peter Reichl, der die Forschungsgruppe Cooperative Systems (COSY) leitet, organisiert und zelebriert wird, steht "der große Computerpionier Alan Turing – allerdings nicht so, wie man ihn gewöhnlich kennt", verrät Reichl im STANDARD-Gespräch. "Seit dem Film 'Imitation Game', in dem er versuchte, einen Witz über Bären zu erzählen, steht er ja im Ruche größerer Humorlosigkeit, was natürlich so überhaupt nicht stimmt."

Gegenbeweise? Hat Reichl natürlich parat: "Turing hat einmal – kein Witz! – vorgeschlagen, Speicherzellen, die man damals in Form von mit Quecksilber gefüllten Röhren realisierte, mithilfe von Gin zu bauen, weil Gin bei Zimmertemperatur dieselben physikalischen Eigenschaften wie Quecksilber hat. Eigentlich schade, dass sich dieses Konzept nicht durchgesetzt hat. Informatik hätte sich vermutlich zu einem deutlich weniger trockenen Fach entwickelt ..." Nun, wenn es Reichl und seine Kolleginnen und Kollegen in die Hand nehmen, ist der Gegenbeweis schon erbracht.

Der Krampus braucht Glühwein

Auftritt Krampus oder – Eingeweihte wissen es: Werner Gruber, wie immer. Den Physiker, früher am befreundeten Nachbarinstitut für Experimentalphysik tätig, hat die Gin-Speicherzellen-Episode von Turing "inspiriert, den Prototyp eines Glühweinbasierten Neuronalen Netzes (GNN) zu entwickeln, womit er einen entscheidenden wissenschaftlichen Durchbruch der Xmas-4.0-Forschung erzielt hat", weiß Peter Reichl zu berichten.

Weiterer Programmpunkt: "Wir werden mithilfe eines geeigneten Turing-Tests, der ja normalerweise dazu dient, Mensch und intelligente Maschine zu unterscheiden, endlich und ein für allemal klären, ob der Weihnachtsmann echt ist oder nicht."

Das Geheimnis des perfekten Vanillekipferls

Und dann wollen sich die weihnachtlich gestimmten Informatikerinnen und Informatiker der Uni Wien noch mit der Turing-Maschine beschäftigen, "die ja eigentlich ein Modell für einen Computer ist, um nachzuweisen, dass man damit alles berechnen kann, was man berechnen kann", erklärt Reichl. Besonderes Forschungsobjekt: "Wir wollen einer prototypisch auf Basis eines 3D-Druckers entwickelten Turingmaschine die Frage stellen, wie das optimale Vanillekipferl aussieht, und sind schon sehr auf die Antwort gespannt."

Na dann. Dienstagnachmittag wird das Geheimnis gelüftet. Bleibt uns nur noch, allen eine inspirierende und vergnügliche Weihnachtsvorlesung zu wünschen! Lassen Sie sich den Turing-Keks schmecken – und seien Sie versichert: Die Informatiktruppe der Uni Wien weiß nicht nur, die Wissenschaft und Forschung stilecht zu feiern. Es gibt daher natürlich auch wieder Punsch und Glühwein von der Studierendenvertretung und der Fachschaft der Informatik sowie "richtige" Weihnachtsbäckerei: Die Vanillekipferln und anderen Kekse von Zeremonienmeister Reichl sind ebenfalls legendär unter Kennerinnen und Kennern des Informatik-Xmas-Rituals.

Das Enigma Xmas Orchestra und die Schreibmaschine

Auch für jahreszeitlich abgestimmte Musik ist gesorgt. Passend zur Vorlesung wird das eigens für diesen Anlass gegründete Enigma Xmas Orchestra, dem lauter Informatikerinnen und Informatiker angehören, Livemusik spielen. Weihnachtslieder, eh klar, aber es wird auch eine "Neuinstrumentierung des Konzerts für Schreibmaschine und Orchester von Leroy Anderson zu Gehör bringen", kündigt Peter Reichl an.

Lebensweltliche Fragen wie "Wo bekomme ich einen günstigen Weihnachtsbaum her?" finden ebenso eine Antwort, zumindest für eine Glückliche oder einen Glücklichen: Es wird nämlich einer verlost. Und alle anderen können ihr Glück bei der Tombola versuchen.

Alles Gute und einen schönen Abend allen, die dabei sein werden!

Das Wichtigste zum Schluss: Die ganze Chose findet morgen, Dienstag (13.12.), ab 16.30 Uhr s. t. im Carl-Auer-von-Welsbach-Hörsaal der Fakultät für Chemie (Boltzmanngasse 1, Innenhof) statt. (Lisa Nimmervoll, 12.12.2022)