Rund 200 Gäste folgten der Einladung zu Straches Diskussionsveranstaltung in die Wiener Sofiensäle.

Foto: Josef Temmel

Zunächst stand das Vorhaben auf der Kippe, schlussendlich wurde doch etwas daraus: Unter der Ägide des ehemaligen FPÖ-Chefs und Ex-Vizekanzlers Heinz-Christian Strache ging Montagabend eine von ihm veranstaltete "Ukraine-Konferenz" über die Bühne. Bereits im Vorfeld sorgte die Konferenz, die rund 200 Besucher in die Wiener Sofiensäle lockte, für Aufruhr – nicht zuletzt aufgrund der hart rechten und russophilen Gästeschar, die dort diskutieren sollte.

Dieser Kritik versuchte Strache, der die Veranstaltung auch moderiert hatte, bereits eingangs den Wind aus den Segeln zu nehmen. Er habe "viele Persönlichkeiten aller Couleur eingeladen, leider haben viele abgesagt", bedauerte Strache. Dennoch freue er sich, dass es "am Ende zu dieser hochkarätigen Runde" kam. Zugesagt und an der Diskussion teilgenommen haben schlussendlich FPÖ-Urgestein Andreas Mölzer, Christina Baum, Abgeordnete der rechtsextremen Alternative für Deutschland (AfD), Ex-ÖVP- und Grünen-Politiker Efgani Dönmez und der ehemalige FPÖ-Volksanwalt Peter Fichtenbauer. Für Frank Creyelman, einen belgischen Politiker der rechtsextremen Partei Vlaams Belang, sprang kurzfristig Heinrich Fiechtner, ehemaliger AfD-Landtagsabgeordneter von Baden-Württemberg, ein.

Dönmez will "Putin und Selenskyj verstehen"

"Ja, das ist ein Angriffskrieg", bemühte sich Strache noch vor der ersten Frage klarzustellen. Was ihn aber viel mehr interessiere als Begrifflichkeiten: "Wie konnte es zu diesem grausamen Krieg in Europa kommen, und wie kommen wir aus diesem Wahnsinn wieder raus?" Ausschlaggebend dafür, diese Konferenz auf die Beine zu stellen, sei für ihn gewesen, dass es "keine europäische Friedensinitiative gibt".

Als erster Diskussionsteilnehmer war sein ehemaliger Parteifreund Mölzer am Wort. Dieser erklärte zunächst seine Teilnahme damit, dass er "immer gerne diskutiere – am liebsten mit Andersdenkenden, die ich in dieser Runde aber so nicht finden werde", fügte er hinzu. Der Weg, der zu diesem Angriffskrieg geführt habe, "sei wesentlich komplexer und vielschichtiger", als er dargestellt werde. "Man kann nicht sagen, jeder, der zweifelt, ist ein Putin-Versteher." Mölzer räumte aber auch ein, dass der Krieg "durch zahlreiche Fehleinschätzungen Putins zustande gekommen" sei.

Als Mediator möchte Dönmez "Putin verstehen und Selenskyj verstehen". Allerdings ortet er "überhaupt kein Bemühen der direkten Kriegsparteien und auch nicht der dahinter stehenden Großmächte", für Frieden zu sorgen. Stattdessen würden alle "ganz bewusst an der Eskalationsschraube drehen". Dönmez kritisierte auch, dass "der Schuldige schon ausgemacht ist, das ist Russland, das ist Putin". Die EU habe sich mit ihrer Politik "ins Aus geschossen".

Debattierten zum Thema "Krieg in der Ukraine": Peter Fichtenbauer, Christina Baum, Heinz-Christian Strache, Andreas Mölzer, Efgani Dönmez und Heinrich Fiechtner.
Foto: Josef Temmel

AfD-Politiker Fiechtner: Ukraine "zutiefst korruptes Land"

Viel Applaus ernteten die Wortmeldungen des einstigen AfD-Politikers Fiechtners, der hart mit der Ukraine ins Gericht ging. Diese sei "ein zutiefst korruptes Land" und "leider im Begriff westlicher Werte", nämlich "in ihrer ganzen korruptiven Verwicklung und Verkommenheit". Fiechtner nannte dafür auch Beispiele: "Kinderhandel, Drogenhandel und Geldverschiebung – all das war in der Ukraine zu Hause." Auch dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj unterstellte er Korruption.

Breit diskutiert wurden außerdem die Neutralität und ein Nato-Beitritt Österreichs. "Ich persönlich halte von der Neutralität Österreichs relativ wenig", sagte der ehemalige FPÖ-Politiker Fichtenbauer, der mit dieser Ansicht das Gegenteil der FPÖ-Linie vertritt. " Ein Nato-Beitritt sei "das Letze, das die Österreicher wollen, denn die Neutralität sei den Österreichern ans Herz gewachsen", warf Strache ein – und erntete dafür viel Applaus. "Es ist wichtig, dass Österreich neutral bleibt", pflichtete die AfD-Politikerin Baum Strache bei.

Straches Empfehlung: "Ein oder mehrere Gläser Wodka"

Im Publikum saß auch ein Vertreter der russischen Botschaft, kein Vertreter der Ukraine nahm an der Veranstaltung teil. Als Diskussionsteilnehmer eingeladen war etwa der ehemalige ukrainische Botschafter in Wien, Olexander Scherba. Dieser hatte allerdings absolut keine Freude damit: Wie DER STANDARD berichtete, sagte er Strache mit einer scharfen Replik umgehend ab. Scherba stieß sich unter anderem massiv daran, dass eine Veranstaltung "zum größten Verbrechen des Jahrhunderts" mit "Brötchen, Getränken und gemütlichem Ausklang" abgehalten werden soll. "Sie wollen das Thema Ukraine mit Ihren Händen berühren? Mit Verlaub, waschen Sie Ihre Hände zuerst", entgegnete Scherba.

Für Aufruhr auf ukrainischer Seite könnte auch Straches Analyse zum Schluss der Veranstaltung sorgen. "Es gehören immer zwei zum Streiten", sagte er. Und er rät Putin und Selenskyj, sich "zusammenzusetzen, ein Glas Wodka oder auch ein paar mehr zu trinken", denn "durchs Reden kommen d' Leut zusammen". (Sandra Schieder, 13.12.2022)