Brüssel/Hamburg – Unterhändler des Europäischen Parlaments und der Regierungen der EU-Staaten haben sich auf einen Abwehrmechanismus gegen bestimmte klimaschädliche Waren aus Drittländern verständigt. Das teilte am Dienstagmorgen die derzeitige tschechische EU-Ratspräsidentschaft nach langen Verhandlungen mit.
Das sogenannte CO2-Grenzausgleichssystem soll dafür sorgen, dass die Anstrengungen der EU zur Minderung von Treibhausgasemissionen nicht durch Einfuhren von CO2-intensiven Erzeugnissen aus anderen Ländern wieder zunichtegemacht werden.
Testphase ab 2023
Die Regelung soll zunächst für Produkte wie Zement, Eisen und Stahl, Aluminium, Düngemittel sowie Strom und Wasserstoff gelten. Die Vereinbarung sieht zunächst ab 2023 eine Testphase vor, in der Importunternehmen ihre Emissionsverpflichtungen melden müssen.
Der Grenzausgleichsmechanismus CBAM (Carbon Border Adjustment Mechanism) zielt darauf ab, zu verhindern, dass für europäische Unternehmen Wettbewerbsnachteile durch Klimaschutzvorgaben entstehen. Oder Unternehmen womöglich CO2-intensive Produktionen aus der EU in andere Länder verlagern, um den CO2-Preis zu umgehen. Dies ist Teil des Klimapakets Fit for 55, mit dem die EU ihren CO2-Ausstoß bis 2030 um mindestens 55 Prozent verringern will.
Kauf von Zertifikaten
Funktionieren soll das System nach Angaben der EU-Kommission, indem Importeure gezwungen werden, für die Einfuhr von bestimmten Produkten Verschmutzungszertifikate zu kaufen. Diese sollen dem CO2-Preis entsprechen, der gezahlt worden wäre, wenn die Waren nach den EU-Regeln für die Bepreisung von CO2-Emissionen hergestellt worden wären. Nur wenn ein Nicht-EU-Hersteller nachweisen kann, dass er bereits einen Preis für das CO2 bezahlt hat, das bei der Herstellung der eingeführten Waren im Drittland entstanden ist, kann der EU-Einführer sich die entsprechenden Kosten voll anrechnen lassen.
Das soll zu vergleichbaren Kosten für Importgüter und in der EU produzierte Produkte führen. EU-Hersteller müssen nämlich durch das Emissionshandelssystem (ETS) bereits für den Ausstoß klimaschädlicher Gase wie CO2 über Zertifikate bezahlen.
Schrittweise Anwendung
Die Mitgliedsstaaten hatten eine schrittweise Anwendung des Mechanismus über zehn Jahre ab 2026 gefordert. Die Europaabgeordneten hingegen wollten eine schrittweise Umsetzung zwischen 2027 und 2032. Nach Vorstellungen des EU-Parlaments hätte es damit ab 2032 keine kostenlosen Zertifikate mehr im Emissionshandelssystem gegeben.
Derzeit werden den europäischen Industrieunternehmen kostenlose Zertifikate zugeteilt, die einen Teil ihrer Emissionen abdecken, um ihre Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Importen, die nicht denselben Umweltkriterien unterliegen, zu unterstützen.
Damit der CBAM umgesetzt werden kann, müssen sich die EU-Länder und das Parlament jetzt noch über eine geplante Reform des Emissionshandels verständigen. Dafür sind Verhandlungen am Freitag und Samstag angesetzt. Dann soll auch entschieden werden, ab wann der CBAM vollständig gelten soll. (APA, red, 13.12.2022)