Wer um neun Uhr vormittags trainiert, beugt Herz-Kreislauf-Erkrankungen am effektivsten vor, zeigt eine Studie.

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Manche haben den Sport am liebsten noch vor dem Gang ins Büro erledigt, andere joggen lieber nach Feierabend oder gehen mittags eine Runde an die frische Luft. Die Bewegungsgewohnheiten zwischen Morgenmenschen und Nachteulen variieren. Dass sich Morgensport anders auf den Körper auswirkt als Abendsport, wusste man in der Wissenschaft schon lange. Das hängt mit dem sogenannten zirkadianen Rhythmus zusammen, was heißt: Fast alle Körperzellen regulieren ihre biologischen Prozesse nach einem 24-stündigen Zeitplan, die Empfindlichkeit verändert sich also je nach Tageszeiten. Frühere Studien haben schon gezeigt, dass die gesundheitsfördernde Wirkung von Bewegung optimiert werden kann, wenn sie auf den zirkadianen Rhythmus abgestimmt ist.

Niederländische Wissenschafter und Wissenschafterinnen haben nun erforscht, wie diese Abstimmung idealerweise aussieht. Am besten ist der Vormittag zum Sporteln geeignet, belegt die Studie mit Auswertung der Daten von 86.657 Probandinnen und Probanden. "Unabhängig von der Gesamtmenge an physischer Aktivität bringt körperliches Training am Vormittag ein geringeres Risiko für das Auftreten von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und zeigt die potenzielle Bedeutung zeitlich abgestimmter Betätigung für die Prävention solcher Erkrankungen", schrieben vor kurzem Gali Albalak von der Abteilung für Gerontologie und Geriatrie der Universität Leiden und die Co-Autorinnen und Co-Autoren der Studie im "European Journal of Preventive Cardiology".

Morgensport verringert Risiko für Herzkrankheiten

Die Forschenden bedienten sich für ihre Untersuchung der Daten von 86.657 Britinnen und Briten aus der sogenannten UK Biobank, die in einer Langzeitstudie den Gesundheitszustand von 502.490 Menschen beobachtet, die zwischen 2006 und 2010 aufgenommen wurden. Bei einem Teil von ihnen wurde die tägliche körperliche Aktivität inklusive der Tageszeit mit Messgeräten über eine Woche hinweg registriert.

In der aktuellen Analyse handelte es sich um Personen zwischen 42 und 78 Jahren bei einem Durchschnittsalter von 61,6 Jahren. Die fast 87.000 Probandinnen und Probanden wurden sechs Jahre lang beobachtet. Während der Beobachtungszeit entwickelten insgesamt 2.911 von ihnen eine koronare Herzkrankheit – also etwa einen Infarkt. Zusätzlich wurden 796 Schlaganfälle registriert. Die Wissenschafter und Wissenschafterinnen verglichen das mit der von den Teilnehmenden bevorzugten Tageszeit für körperliche Aktivitäten. Das Ergebnis: "Für die koronare Herzkrankheit, Gehirnblutungen und ischämischen Schlaganfälle (Schlaganfälle durch Gehirngefäßverschlüsse, Anm.) ist ein klares Muster erkennbar. Relativ hohe physische Aktivität in der Nacht (0.00 Uhr bis 6.00 Uhr früh) war mit einem höheren Risiko assoziiert. Relativ hohe körperliche Aktivitäten zwischen 8.00 Uhr früh und 11.00 Uhr vormittags hingegen war mit einem geringeren Risiko verbunden", schreiben die niederländischen Fachleute. Bei Frauen waren diese Effekte verstärkt zu beobachten.

9.00 Uhr ist die ideale Zeit für Sport

Sieht man sich die in der wissenschaftlichen Arbeit abgebildeten Zeitkurven genauer an, erweist sich physische Aktivität in etwa um 9.00 Uhr früh als optimal für die Verhinderung von Herzleiden und von jeder Art von Schlaganfällen. Umgekehrt ist Frühsport gegen 5.00 Uhr oder 6.00 Uhr früh im Vergleich dazu offenbar am wenigsten wirksam. Nach Mittag pendelt das Risiko um das Mittel zwischen den größten Unterschieden.

Im Vergleich körperlicher Betätigung am Vormittag mit physischer Aktivität erst ab der Tagesmitte brachte der zeitlich früher absolvierte Sport jedenfalls eine statistisch signifikante Verringerung des Herz-Risikos um 16 Prozent. Die Gefährdung durch Schlaganfälle ging um 17 Prozent zurück. Auch Letzteres bedeutete einen statistisch signifikanten Unterschied. Die Ergebnisse waren unabhängig von der Intensität körperlicher Aktivität.

Wöchentlich mindestens 150 Minuten Bewegung

Derzeit lauten die Präventionsempfehlungen gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen auf wöchentlich 150 bis 300 Minuten moderater körperlicher Aktivität (aufgeteilt auf drei bis sechs Einheiten). Es können aber auch 75 bis 150 Minuten mit starker Beanspruchung während des Trainings sein.

Am wichtigsten wäre aber wohl, dass jeder Mensch insgesamt genügend körperliche Aktivität entwickelt, um per Ausdauer- und Krafttraining fit und gesund zu bleiben. Schon vor einigen Jahren rechnete man damit, dass weltweit mindestens zwei Milliarden Menschen regelmäßig zu wenig körperliche Aktivität entfalten. 15 Minuten Bewegung pro Tag senken das Mortalitätsrisiko um 14 Prozent. Täglich 15 Minuten zusätzlich bringen eine weitere Verringerung des Sterberisikos um zusätzlich vier Prozent. 50 Minuten intensive Belastung täglich halbieren die Mortalität. Als moderate körperliche Aktivität gilt Sport mit 50 bis 70 Prozent der maximalen Herzfrequenz, intensive physische Aktivität bedeutet das Erreichen von 70 bis 85 Prozent der maximalen Herzfrequenz. (APA, poem, 13.12.2022)