Lange konnten sie nicht struppig genug sein. Wer sich durch die Instagram-Welt wischte, sah Augenbrauenbögen, die wie haarige Raupen über den Augen saßen. Fluffy-, Full- oder Feather-Brows rahmten die Gesichter. Wer nicht mit üppigem Haar gesegnet war, ließ sich für mehrere Hundert Euro zusätzliche Härchen auf die Haut stricheln, Microblading hieß das Zauberwort.

Das war vor einem Jahrzehnt noch völlig anders. Damals regierten die schmal gezupften Bögen, Frauen griffen ständig zur Pinzette. Wer mit mehr Haar gesegnet war, hatte das Nachsehen. Das Model Cara Delevingne soll ihre Brauen damals als "zwei störende riesige Schnecken" wahrgenommen haben. Dass sie nicht zupfte, war ihr Glück. Als die Britin 2011 erstmals für die Marke Burberry modelte, bejubelte die Presse plötzlich die "power brows" des Models: Times change.

Doch die Ära der markanten Brauen scheint langsam zu einem Ende zu kommen. Indizien dafür: zum Beispiel die Auftritte des omnipräsenten Models Bella Hadid. Für das Modeunternehmen Miu Miu gab sie zuletzt die außerirdische Schönheit. Ihre gebleichten Augenbrauen sahen aus, als seien sie weggehext worden.

Bella Hadid mit gebleichten Brauen.
Foto: Emmanuel DUNAND / AFP

Noch außerirdischer fiel das Make-up von US-Amerikanerin Julia Fox aus. Anlässlich der Eröffnung der Thierry-Mugler-Ausstellung im New Yorker Brooklyn Museum ließ sie sich die Augenbrauen bleichen, um sich darüber schmale, rasant verlaufende Brauen malen zu lassen.

Julia Fox ließ erst bleichen, bevor die dünnen Brauen aufgemalt wurden.
Foto: ANGELA WEISS / AFP

Nicht zu vergessen Kim Kardashian. Als sie vor einigen Monaten auf dem Titel des "Interview"-Magazins zu sehen war, wurde über ihre gebleichten Brauen genauso intensiv wie über ihr entblößtes Hinterteil diskutiert.

Der Trend ist jedenfalls kaum zu übersehen. Wer sich durch die Modestrecken angesagter Magazine blättert, ist mit Models konfrontiert, die wie von einem anderen Stern wirken: Die Modebranche bejubelt den "futuristischen Look", und die "Vogue" gibt Profitipps für alle, die zu Hause Färbesets testen wollen: "Führen Sie an einem Tag nicht mehr als zwei Durchgänge mit Bleichmittel aus."

Die Gegenbewegung zu den breiten Balken ist keine große Überraschung. Spätestens seit Rihanna sich 2018 auf dem Cover der britischen "Vogue" mit zwei "Skinny Brows" zeigte, wurde über das Comeback der schmalen Augenbrauenbögen geschrieben. Wir erinnern uns: Schmale Brauen waren nicht nur in den 1930er-Jahren (Édith Piaf!), sondern auch in den Neunzigern das Nonplusultra. Alle zupften, von Drew Barrymore bis Gwen Stefani. Pamela Anderson ließ sich sogar zwei Bögen eintätowieren.

Königin der Brauen-Tattoos: Pamela Anderson war Stargast bei der Show des französischen Designers Simon Porte Jacquemus.
Foto: Emmanuel DUNAND / AFP

Die Kahlschläge und Schmerzen von damals scheinen in Vergessenheit geraten zu sein. Kein Wunder, die Generation Z kennt die schmalen Teile nur vom Hörensagen. Statt zu zupfen empfehlen sich übrigens Augenbrauenrasierer oder Trimmer. Wer weiß schon, was in fünf Jahren los ist. (Anne Feldkamp, 14.12.2022)