Profil war jahrzehntelang das wichtigste liberale Aufdecker- und Diskussionsmedium des Landes und hat heute noch eine gewisse Bedeutung. Anlässlich von massiven Veränderungen in der Führungsetage gibt es die Befürchtung, dass das Profil zu einem konservativen Kampfmedium umgestaltet werden soll. Das wäre eine Entwicklung analog zu der gesamten Innenpolitik, wo vor allem die ÖVP, in Teilen aber auch die SPÖ ihre Rettung vor der wieder aufsteigenden FPÖ in einem prononcierten Rechtskurs in der Migrationsfrage suchen.
Für die ÖVP hat das eine Zeitlang funktioniert, aber auch nur, weil sie in Sebastian Kurz einen charismatischen Blender hatte, auf den viele Wähler hereinfielen. Wer heute den Boden der liberalen Demokratie verlässt, sei es nun eine Partei oder ein Nachrichtenmedium, muss mit denen konkurrieren, die rechtspopulistische Hetze einfach besser können.
Das Profil wurde 1970 von Oscar Bronner in einer erstarrten Medienlandschaft gegründet und setzte Maßstäbe: Unter Peter Michael Lingens deckte es in den 70ern gewaltige SPÖ-Skandale auf und stand fast als einziges Medium dagegen, dass Bruno Kreisky den FPÖ-Chef Friedrich Peter, Mitglied einer SS-Mordkompanie, gedeckt hatte. Unter Hubertus Czernin (der in den 80ern schon die Waldheim-Affäre aufgedeckt hatte), enthüllte es in den 90ern den Missbrauch durch den Kardinal Hermann Groër. Unter Christian Rainer bekämpfte Profil ab 2000 die Schüssel-Haider-Koalition als "Schande Europas".
Generelle Neuorientierung
Profil war lange ein Leitmedium, zuletzt eher nicht so sehr. Nach Auflagenverlust, Sparprogrammen und Verlusten setzt nun der Eigentümer Maßnahmen. Chefredakteur und Herausgeber Christian Rainer tritt nach 25 Jahren zurück, neuer Geschäftsführer wird Richard Grasl, der aber stellvertretender Kurier-Chefredakteur mit Verantwortung für den Online-Bereich bleibt. Das allein ist schon ungewöhnlich und fragwürdig. Wirtschaftliche und journalistische Verantwortung hängen zwar innerlich auch zusammen, sollten aber von den Kompetenzen her klar getrennt sein. Aber der Eigentümer – Profil gehört dem Kurier, und der mehrheitlich der Raiffeisenorganisation – scheint eine generelle Neuorientierung vorzuhaben. Der Kurier, den ebenfalls Reichweitenverlust plagt, ist um einiges konservativer und wohl auch ÖVP-näher geworden. Nun soll, wenn man den Hintergrund von Grasl betrachtet, wahrscheinlich auch Profil auf eine solche Linie gebracht werden.
Der Wegfall eines liberalen Nachrichtenmagazins wäre nicht gut für die österreichische Medienlandschaft. Vor allem aber ist ein prononcierter Rechtskurs aus Angst vor den Rechten für Medien wie für Parteien eine fragwürdige Strategie. Österreich hat schon eine ziemlich große sehr rechte Partei (die FPÖ steht derzeit wieder bei 25 Prozent).
Eine zweite und dritte rechte Partei werden zu wollen ist für ÖVP wie SPÖ eher Selbstmord aus Angst vor dem Tode. Den FPÖ-Chef Herbert Kickl zu "überkickeln" kann für keine Partei funktionieren, vor allem, nachdem das Experiment Sebastian Kurz zu dramatisch schiefgegangen ist. Und: Ein besserer Exxpress zu werden kann kein erfolgversprechendes Konzept für ein liberaldemokratisches Medium sein. (Hans Rauscher, 13.12.2022)