Momentaufnahme aus dem Untergrund von Los Angeles: Mit der digitalen Inspektion der Tunnelröhren ist das österreichische Start-up Strucinspect beauftragt worden.

Foto: ap / jae c. hong

Es war der 14. August 2018. Um 11.35 Uhr und 55 Sekunden gab der Mittelteil der Morandi-Brücke in Genua während eines Unwetters nach, wie Kameras exakt festhielten. Die oft gezeigten Bilder haben sich bei vielen nachhaltig eingeprägt. Insgesamt 43 Menschen stürzten mit ihren Autos und Lastkraftwagen 90 Meter in den Tod.

An dem Unglück in Genua war nicht das Unwetter schuld, das hat ein Prüfbericht später festgestellt. An einem entscheidenden Träger wurde seit 1993 keine Wartung mehr vorgenommen. Selbst Warnungen des Bauplaners wurden ignoriert.

Schneller, kostengünstiger

Damals hätte man noch Bauwerksingenieure hinschicken müssen, um die zeitaufwendige und kostenintensive Inspektion mit Kranen oder Gerüsten vor Ort vorzunehmen. Mittlerweile geht das auch digital, noch dazu schneller und kostengünstiger, wie ein österreichisches Unternehmen nach mehreren Pilotversuchen nun auch im Realbetrieb nachgewiesen hat.

Strucinspect heißt das in Wien ansässige Corporate Start-up, an dem der Salzburger Kranhersteller Palfinger 80 Prozent hält. Eingebunden sind auch das Ingenieurbüro VCE und die Angst Group mit ihrer Ziviltechnikkompetenz. Gegründet 2019, hat das 32 Mitarbeiter zählende Unternehmen nach Vorarbeiten in Österreich und Deutschland einen ersten Durchbruch in den USA geschafft. Der Betreiber der U-Bahn Los Angeles setzt bei der Inspektion des rund 160 km langen Netzes im Süden Kaliforniens künftig auf die Kompetenz von Strucinspect.

Inspektion in Los Angeles

"Neun Monate haben die Vorarbeiten in Los Angeles gedauert, der Kontakt kam über Palfinger und dessen globales Netzwerk zustande", sagte Albrecht Karlusch, Geschäftsführer von Strucinspect, bei der Präsentation des Projekts am Dienstag. Über den Auftragswert habe man Stillschweigen vereinbart; Folgeprojekte in anderen US-Städten seien wahrscheinlich, nicht nur im Bereich der Tunnelinspektion. Großes Potenzial sehe man auch bei Brücken und Staumauern. Karlusch: "Der Markt, auf dem wir tätig sind, ist ungefähr zwei Milliarden Euro schwer, der Inspektionsmarkt weltweit etwa 70 Milliarden Euro beziehungsweise die gleiche Summe ungefähr in Dollar."

Die Leistung von Strucinspect besteht darin, aus einer großen Datenmenge Betreibern kritischer Infrastruktur Entscheidungshilfen zu liefern, wo wann in welcher Priorität Sanierungsarbeiten notwendig sind. Die Daten liefern Drohnen, die in Fixabständen Brücken, Staumauern oder Mobilfunktürme fotografieren. Das zu analysierende Objekt wird als digitaler Zwilling im 2D- oder 3D-Format aufgestellt und kann vom Schreibtisch aus per Mausklick untersucht werden.

Volle Auftragsbücher

Bei der U-Bahn Los Angeles wurde die Kamera aus Platzmangel auf einem Schienenfahrzeug angebracht. Die Schließzeit des Tunnels konnte um 79 Prozent reduziert werden. Auch die Wartungskosten würden sinken, und zwar um 30 Prozent. Die Auftragsbücher seien voll, sagt Karlusch und spricht von mindestens einer Verdreifachung im kommenden Jahr auf einen siebenstelligen Betrag. Eines der Projekte wird im Jänner spruchreif, spiele in Europa, habe aber nichts mit Tunnel zu tun.

(Günther Strobl, 14.12.2022)