Junge Menschen unter 30 geben häufiger an, sich nicht für die Politik in Österreich zu interessieren. Das schließt aber ein generelles Engagement für die Gesellschaft keinesfalls aus, wie etwa Klima-Aktivisten und Klimaaktivistinnen regelmäßig beweisen.

IMAGO/Wolfgang Maria Weber

Graz/Krems – Salopp gesagt: Österreich hat den Blues. In Daten gegossen schaut der Zustandsbeschreibung allerdings dramatisch aus: Wie die Universität Graz im Verein mit der Uni Krems im Zuge ihres Demokratiemonitorings des gemeinsamen Projekts Austrian Democracy Labs erhob, geben 73 Prozent der 4570 Befragten an, Österreich habe sich in den letzten Jahren negativ entwickelt. 2018 waren es noch rund 40 Prozent.

Von diesem Befund abgeleitet liefert das von Projektleiterin Katrin Praprotnik und ihrem Team erhobene Datenmaterial weitere durchaus bedenkliche Entwicklungen in Sachen Demokratiewahrnehmung.

Die Zufriedenheit mit der Demokratie in Österreich ist seit Beginn des Demokratieradars 2018 deutlich gesunken. Speziell bei den unter 30-Jährigen. 23 Prozent der jungen Menschen unter 30 sehen die Demokratie mit ihren Problemen nicht als Idealmodell. Von den rund 1,6 Millionen Jungen bezweifeln also rund 370.000, dass die Demokratie die beste Regierungsform ist. Für sie wären bessere Alternativen zur Demokratie denkbar. Zwölf Prozent wünschen sich einen starken Mann als Alternative – dieser Prozentsatz legt sich aber quer durch alle Alterskohorten.

Eine Frage der Bildung und Einkommen

Tendenziell sind Menschen höheren Alters zufriedener als der Bevölkerungsschnitt. Deutliche Unterschiede erhoben die Forscher in den formalen Bildungsklassen: Befragte ohne Matura sind zu 52 Prozent mit dem Funktionieren der Demokratie zufrieden, jene mit Matura oder einem höheren formalen Abschluss zu 70 Prozent. Eine ähnliche Diskrepanz ergibt sich in den Einkommensschichten. Bezieher höherer Einkommen bewerten die Demokratie positiver als jene in unteren Einkommensklassen.

63 Prozent geben an, das politische System in Österreich müsse "grundlegend umgebaut werden". 2018 sagten dies 42 Prozent. "Wenn die Politik klar auf Probleme reagiert, etwa bei Korruptionsfällen klare Konsequenzen zieht, dann kann sich das durchaus positiv auf die Stimmung auswirken." Nun sei nach all den Skandalen "aber schon lange nichts wirklich passiert – darum auch die entsprechenden Stimmungswerte in der Bevölkerung", sagt Praprotnik im Gespräch mit dem STANDARD. (Walter Müller, 14.12.2022)