Der Schlag gegen Klimaaktivisten, zu dem die deutsche Polizei am Dienstag ausholte, wird Juristen wohl noch länger beschäftigen. Mitglieder der Letzten Generation, die für ihre Straßenblockaden bekannt ist, sollen Pipelines einer Raffinerie manipuliert haben. Die Staatsanwaltschaft setzte einen umstrittenen Schritt: Sie reagierte mit Razzien und stufte die Gruppe als "kriminelle Vereinigung" ein.

Immer wieder bewerfen Mitglieder der Letzten Generation Gemälde oder blockieren Straßen.
Foto: APA/LETZTE GENERATION ÖSTERREICH

Dass das höchst problematisch sein kann, weiß man hierzulande nur zu gut: Vor knapp zehn Jahren warf die Staatsanwaltschaft Tierschützern vor, eine "kriminelle Organisation" gebildet zu haben. Der fragwürdige Prozess endete mit einem Freispruch und führte zu einer Gesetzesänderung, die verhindern soll, dass NGOs unter den strengen "Mafiaparagrafen" fallen. Doch eine Einstufung der Letzten Generation als "kriminelle Vereinigung" wäre theoretisch weiterhin möglich.

Aktivistinnen, die Kunstwerke beschädigen, Straßen blockieren oder andere Straftaten begehen, überschreiten ihre rechtlichen Grenzen bewusst und müssen mit Konsequenzen rechnen. Sie pauschal als "kriminelle Vereinigung" zu verfolgen, wäre aber höchst problematisch: Strafbar wären dann nicht nur unmittelbare Täter, sondern auch deren Umfeld, was friedliche Aktivisten zu Unrecht abschrecken könnte. Strafdelikte wie die "kriminelle Vereinigung" richten sich gegen Einbrecherbanden oder mafiöse Verbände. Sie dürfen nicht dazu missbraucht werden, zivilen Ungehorsam pauschal zu kriminalisieren. (Jakob Pflügl, 14.12.2022)