Es gibt auch Gegenentwürfe zum klassischen Spielplatzdesign.
Foto: Monstrum

Die immergleichen Schaukeln, die immergleichen Rutschen, die immergleichen Sandkisten: Die meisten Spielplätze sehen fast eins zu eins gleich aus, egal ob in der Stadt oder auf dem Land. Zu finden sind dort graue Klettertürme und etwas eingetrocknete Sandkisten, umgeben von Rindenmulch. Dazwischen die immergleichen Parkbänke. Auch die Szenarien, die sich dort abspielen, ähneln sich stark: Das Kind klettert ein Spielgerät hoch, Papa oder Mama stehen teilnahmslos daneben, oft mit dem Handy in der Hand.

Muss das so sein – oder anders gefragt: Geht da nicht noch mehr? Wie könnte der Spielplatz der Zukunft aussehen? Was könnte er Kindern und vielleicht auch ihren Eltern bieten?

Ein Anruf bei Dominik Scheuch, dem Gründer und Geschäftsführer des Wiener Landschaftsarchitekturbüros Yewo Landscapes. Er plant mit seinem Team Flächen im öffentlichen Raum – auch Parks und Spielplätze sind darunter. Sieht man sich an, was seine Firma so macht, kommt das dem, was man sich unter einem futuristischen Spielplatz so vorstellt, wohl schon sehr nahe: weite Flächen, breite Holzbänke, Rohre und Balken, die nebeneinander aus dem Boden ragen.

Jugendspielplatz im Wiener Sonnwendviertel, geplant von der Firma Yewo.
Foto: Kurt Hörbst

"Ich bin ein Freund von informellen Spielräumen", sagt Scheuch. Kinder hätten schließlich viel Fantasie und würden alles Mögliche gerne zum Spielen nutzen – auch wenn es kein klassisches Spielzeug ist. "Sie nutzen ja beispielsweise auch ein Holz und stellen sich eine Biene darunter vor, auch wenn es nicht schwarz-weiß angestrichen ist." Für die Spielplätze bedeute das: Die Spielgeräte müssen nicht unbedingt als solche ausgewiesen sein. Im Wiener Sonnwendviertel entwarfen Scheuch und sein Team beispielsweise einen Jugendspielplatz, bei dem sich türkise Rohre in circa zwei Meter Höhe über dem Boden räkeln. An den Rohren befestigt sind Leitern, Ringe und Netze, an denen die Jugendliche turnen und die Erwachsenen trainieren können. Als Schaukel fungieren große gelbe Ringe, die nach vorne und hinten schwingen.

Für Jung und Alt

Der Spielplatz der Zukunft dürfe sich nicht nur an eine Altersgruppe, sondern müsse sich an mehrere Generationen richten, an Alt und Jung, findet Scheuch. Auf einem Spielplatz in der Seestadt Aspern, den Yewo geplant hat, ist beispielsweise eine Art Hometrainer installiert: Mama oder Papa können die Füße daraufstellen und radeln, während sie ihren Kindern beim Rutschen zuschauen. Die Flächen der Sitzflächen der Holzbänke sind absichtlich breit designt. Der Gedanke dahinter: Kleinere Kinder können darauf krabbeln oder sich an der Lehne hochziehen.

Auf einem Spielplatz im Wiener Hannah-Arendt-Park können die Eltern ein bisschen radeln, während sie ihren Kindern beim Spielen zuschauen.
Foto: Yewo

Auch die Frage, wie man die Kinder und ihre Eltern vor der zunehmenden Hitze im Sommer schützt, werde in Zukunft eine noch größere Rolle spielen, sagt Scheuch. Gerade bei innerstädtischen Spielplätzen sei das eine Herausforderung. Der Landschaftsarchitekt lässt Bäume pflanzen und Holzpergolas installieren, die Schatten spenden sollen. Einen hellen Granulatboden zieht er einem dunklen vor. "Wir sind gerade dabei herauszufinden, welcher Oberflächenbelag möglichst wenig Hitze aufnimmt." Weil die Sommer immer heißer werden, würden auch Wasserspiele immer wichtiger.

Scheuch beobachtet, "dass auch Eltern in der Stadt möchten, dass ihr Kind mit Natur aufwächst". Daher gebe es auch beim Design von Spielplätzen den Trend zu mehr Naturnähe. Vorbildhaft sei diesbezüglich die Schweiz, wo es auch mitten in der Stadt Abenteuerspielplätze mit Weidenparcours und Holzklettertürmen gebe. "Das ist eine Inspiration", sagt Scheuch.

Eine Pergola, die Schatten spendet: In Zukunft muss ganz stark auf den Schutz vor Hitze geachtet werden.
Foto: Yewo

Spielgeräte für alle

Birthe Mallach-Mlynczak ist gestalterische Leiterin bei Emsland Spiel- und Freizeitgeräte. Auch sie sagt: Der Spielplatz der Zukunft muss ein Ort für alle sein. "Der Fußballverein muss sich dort ebenso wohlfühlen wie die Oma." Es brauche idealerweise viel Platz, und Angebote für die unterschiedlichsten Bedürfnisse: Ecken, wo die ganze Familie aktiv werden kann, Gelegenheiten für den Austausch mit anderen – aber auch Rückzugsorte.

Eine Schaukel für mehrere Generationen.
Foto: ESF Emsland Spiel- und Freizeitgeräte

Die Spielplätze der Zukunft müssten zudem noch stärker Erwachsene miteinbeziehen. Schaukeln beispielsweise sei etwas, "das jeder gerne macht", weiß Mallach-Mlynczak. Vor einigen Jahren hat sie deshalb eine Schaukel entwickelt, auf der mehrere Personen Platz haben. Anstatt teilnahmslos daneben zu stehen, sitzen Mamas und Papas ihrem Kind auf der Schaukel gegenüber. "Sie haben das gleiche Gefühl. Plus, sie haben einen echten Kontakt zu ihrem Kind."

Auch beim Design von Karussellen müsse dringend umgedacht werden, findet die Designerin. Seien Karusselle ebenerdig, würden sie niemanden ausschließen – selbst der Opa mit dem Rollator könne theoretisch mitfahren. "Und wenn das Karussell auch noch so gemacht ist, dass es schnell abbremsen kann, hat auch ein Kleinkind Spaß darauf." Abends könnten dann die Jugendlichen dort sitzen, denn auch für sie seien Spielplätze wichtige Treffpunkte.

Ein Karussell für alle Generationen.
Foto: ESF Emsland Spiel- und Freizeitgeräte

Vieles davon, was sich Mallach-Mlynczak von einem innovativen Spielplatz wünscht, sieht sie in einem deutschen Spielplatzprojekt schon umgesetzt. Es heißt Alla Hopp und wurde finanziert von Dietmar Hopp, dem Mitbegründer des IT-Unternehmens SAP. Zwischen 2014 und 2017 schenkte er seiner Heimatregion 19 Spielplätze und beauftragte die führenden Planungsbüros mit der Konzeption. "Da sind Generationenspielplätze entstanden, die heute noch wegweisend sind", sagt Mallach-Mlynczak. Auf den Fotos zu sehen sind besondere Spielgeräte – Trampoline, Rutschen, Klettergerüste, die oft aus Holz sind und sich in vielen Fällen optisch in die Landschaft einfügen.

In skandinavischen Ländern sei man ebenfalls besonders weit, was die Gestaltung von Spielplätzen angeht, sagt Mallach-Mlynczak. Die dänische Firma Monstrum beispielsweise baut riesige Tiere aus Holz, die wie Kunstwerke aussehen und als Spielgeräte fungieren. Die Kinder können in die bunten Flamingos, Eulen, Bären, Vögel oder Walrösser hineinklettern. Die Frage sei bei solchen Geräten jedoch immer: "Sieht das nur gut aus, oder hat das auch einen Spielwert?", gibt Mallach-Mlynczak zu bedenken. Oft seien gerade jene Spielgeräte, die weniger spektakulär aussehen, die pädagogisch wertvolleren. Was es in nordischen Ländern aber auch gebe, seien Winterspielplätze: Solarpaneele sammeln tagsüber das Licht und beleuchten den Spielplatz nach Einbruch der Dämmerung – die im Winter meist schon sehr früh einsetzt.

Die dänische Firma Monstrum stellt riesige Tiere aus Holz her, die als Spielgeräte fungieren.
Foto: Monstrum

Dringend mehr Natur

Volker Mehringer forscht zum Thema Spielzeug und Spielen. Seiner Meinung nach braucht der Spielplatz der Zukunft dringend ausreichend Gras, Büsche und Bäume. "Es sollte nicht bloß eine leere Fläche mit einer Sandkiste und einer Rutsche sein", sagt der Experte bei einem Telefongespräch. Durch mehr Natur ließe sich nicht nur Schutz vor der Hitze in der Stadt schaffen – sondern auch variantenreichere Spielmöglichkeiten. Die Kinder könnten sich hinter verwachsenen Hecken verstecken, Höhlen bauen oder Äste für Fantasiespiele nutzen.

Ein innovativer Spielplatz braucht auch die Nähe zur Natur, finden Expertinnen und Experten.
Foto: Dietmar Hopp Stiftung

Der Experte sagt aber auch: Spielen sollte nicht nur auf einige wenige Orte, auf Spielplätze, beschränkt sein. Es brauche auch in der Stadt mehr Spielmöglichkeiten. Einerseits seien Spielplätze als sichere Orte für Kinder gut, "andererseits werden Kinder so auch aus dem öffentlichen Raum ausgegrenzt". Spielen auf Spielplätzen sei zudem sehr stark reglementiert – durch die Regeln, die dort herrschen, und die Art von Spiel, das erlaubt ist. Freies und kreatives Spiel werde dort nur selten gefördert. Der Spielforscher plädiert dafür, das Spiel wieder mehr in den öffentlichen Raum zu integrieren. Diesbezüglich hat Wien schon einiges zu bieten. Das Magistrat für Stadtentwicklung listet in seiner "Spielfibel" die Möglichkeiten auf: Mauern und Bänke, auf denen man balancieren kann, Wände, die man hochklettern kann, Wasserfontänen, die aus dem Boden spritzen, und Ähnliches.

Eine 100 Meter lange Laufbahn mit Hindernissen und einen Kletterfels gibt es auf einem Spielplatz der Dietmar-Hopp-Stiftung in Heidelberg.
Foto: Dietmar Hopp Stiftung

Experte Mehringer bewertet solche Angebote als gut. Pädagogisch wertvolle Spiele müssten nicht unbedingt solche sein, "mit denen man einen Innovationsaward gewinnt", sagt er. Auch große Schachfelder beispielsweise oder Boule seien für sämtliche Altersgruppen spannend. Wichtig sei jedenfalls, "den Blick nicht nur auf die Kinder zu richten", sondern auch auf die Erwachsenen, meint auch Mehringer. Denn: Auch ihnen würde es guttun, ein bisschen mehr zu spielen. (Lisa Breit, 4.1.2023)