In der Amber-Med-Ambulanz der Diakonie kostet ärztliche Hilfe auch für nicht versicherte Menschen nichts.

Foto: Heribert Corn

Wien – Die Krankenversicherung ist eine fundamentale Stütze des Sozialstaates. Trotzdem leben in Österreich geschätzte 27.000 Menschen, die aus verschiedensten Gründen nicht krankenversichert sind. Das entspricht fast der Einwohnerzahl von Bregenz oder des Wiener Bezirks Mariahilf.

Die Betroffenen sind von den meisten medizinischen Versorgungseinrichtungen ausgeschlossen, da sie die Leistungen selbst bezahlen müssten, aber in den allermeisten Fällen kein Geld dafür haben. "Es ist ein Teufelskreis zwischen Armut und Gesundheitsproblemen", beklagte die Leiterin der Diakonie, Maria Katharina Moser, am Donnerstag in Wien.

Große Versorgungslücken

Eine Anlaufstation für unversicherte Menschen ist in Wien die kostenlose Ambulanz Amber Med der Diakonie, in der zwischen 50 und 80 Ärztinnen und Ärzte ehrenamtlich arbeiten. Doch gemessen an der großen Zahl von betroffenen Menschen gibt es in Österreich große Versorgungslücken. Dazu kommt, dass Betroffene häufig aus Scham keine Hilfe suchen.

Es sind bei weitem nicht nur Personen mit ungeklärtem Aufenthaltsstatus, die keine Krankenversicherung haben. Betroffen sind laut Amber-Med-Leiterin Mariella Jordanova-Hudetz auch Personen, die in Österreich unter prekären Bedingungen arbeiten, Frauen, die nach einer Scheidung aus der Krankenversicherung gefallen sind, oder Studentinnen und Studenten, die keinen entsprechenden Leistungsnachweis erbrachten. Viele würden überhaupt erst im Spital erfahren, dass sie gar nicht versichert sind.

Auch Kinder betroffen

Auch Kinder kann es treffen, wie die ehrenamtlich in der Amber-Med-Ambulanz arbeitende Unfallchirurgin Pia Sterger-Brenner schilderte: Wenn sich ein nicht versichertes Kind auf einem Spielplatz die Hand breche, werde es zwar in einem Spital erstversorgte, eine Nachbetreuung bis hin zur Abnahme des Gipses sei in der Regel aber nur gegen Bezahlung möglich. Mittellose Eltern erledigten das dann in Eigenregie, was aus ärztlicher Sicht nicht akzeptierbar sei.

Die Diakonie fordert, dass Kinder, die in Österreich leben, generell versichert sein sollten. Personen, die Unfälle erleiden, sollten zudem nicht aufgrund der fehlenden Versicherung nur gegen Geld behandelt oder sonst abgewiesen werden. Als neuerlichen "Weihnachtswunsch" bat Diakonie-Leiterin Moser die Politik darum, eine dauerhafte Basisfinanzierung von Amber Med zu ermöglichen. Seit 18 Jahren muss jedes Jahr darum gebettelt werden.

Ein Winterschlafsack, kann überlebenswichtig sein. Die Caritas sammelt dafür Spenden.
Foto: Caritas / Klaus Pichler

Caritas-Hilfe in der "Gruft"

Die Caritas Wien bittet angesichts der kalten Temperaturen verstärkt um Hilfe bei der Versorgung von obdachlosen Menschen. Seit vielen Jahren ist die "Gruft" im Keller der Mariahilfer Kirche im sechsten Bezirk, jetzt mitten im Trubel der Weihnachtseinkäufer auf der Mariahilfer Straße, Anlaufstelle für Menschen ohne Zuhause. Hier gibt es Mahlzeiten und Schlafplätze. Heuer ist u. a. auch Sänger Christopher Seiler von Seiler und Speer als Helfer tätig. Mit 70 Euro kann man einen winterfesten Schlafsack und sieben Mahlzeiten finanzieren.

Das Kältetelefon der Caritas, über das Hilfe für Menschen auf der Straße geholt werden kann, ist weiter eingeschaltet. Die Nummer lautet 01/480 45 53. Zu Suppenausspeisungen kommen auch immer mehr Menschen, die wegen der Teuerungswelle in Not geraten. (simo, 15.12.2022)