Patientinnen und Patienten im Spital zu versorgen ist wegen Personalmangels und Krankenständen derzeit besonders herausfordernd.

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Vor allem die Grippewelle sowie RSV-Viren und auch noch Covid halten die Bevölkerung – und die Spitäler – in Schach. Allein in Wien gab es laut der Hochrechnung vergangene Woche 25.200 Neuerkrankungen mit Grippe und grippalen Infekten. Das Zentrum für Virologie an der Med-Uni Wien registrierte eine "weiterhin starke Zunahme der Influenzavirusaktivität in Österreich". Wegen der Erkrankungswellen gibt es mehr Menschen, die Versorgung brauchen, und zugleich erkranktes Personal.

Die Ärztekammer zeichnet ein dramatisches Bild der Lage, sie spricht von Personalmangel, langen Wartelisten und Abteilungsschließungen. "Die Gesundheitsversorgung der Österreicherinnen und Österreicher in den Spitälern steht unmittelbar vor dem Kollaps", heißt es in einem aktuellen Statement.

Kammer listet Probleme auf

Zum Beispiel sei im Burgenland im Krankenhaus Kittsee temporär eine Abteilung für Innere Medizin geschlossen. Weiters gebe es OP-Sperren in Niederösterreich, dutzende offene Stellen für Ärztinnen und Ärzte in Kärnten, Salzburg und Wien und etwa in Leoben eine lange OP-Warteliste. Zudem schilderte der Betriebsrat des LKH Graz dem ORF, dass man wegen hoher Patientenzahlen Betten auf dem Gang aufstelle und geplante Aufnahmen zum Teil nicht durchführbar seien.

Doch die Schilderungen stoßen auf Widerrede. Das Beispiel der Ärztekammer bezüglich Kittsee wird vom Träger Krages als überholt dementiert, es habe sich da um fünf Tage im November gehandelt, mit Auslastung und zugleich Krankenständen an der internen Abteilung.

Patienten auf dem Gang

Übertreibt die Standesvertretung also, um möglichst stark für ihre Mitglieder aufzutreten, zumal demnächst Gespräche über die Finanzierung des Gesundheitssystems im Zuge der Finanzausgleichsverhandlungen starten? Oder ist es schon so weit, dass Patientinnen und Patienten in Gangbetten sterben, wie die Ärztekammer bei einer Pressekonferenz unter Berufung auf einen Arzt behauptet hat? Laut dem Wiener Gesundheitsverbund (Wigev) sind Gangbetten nur eine seltene, kurzfristige Ausnahme, die man mache, wenn es nicht anders gehe.

Ärztliche Bedienstete aus drei Wigev-Kliniken schilderten dem STANDARD nun ihre Sicht der Dinge. Alle drei wollen anonym bleiben, da sie sonst Probleme mit dem Arbeitgeber fürchten. Sie wurden unabhängig voneinander befragt. Betten stünden zwar nicht oft auf dem Gang, erzählen alle drei, sehr wohl gebe es aber "ständig" einen Überbelag. Das soll heißen, dass Betten eigentlich gesperrt seien. Weil zu wenig Personal da sei, würden sie dann aber doch belegt, weil es nicht weniger Patienten gebe: "Es kommen ja nicht weniger Rettungen als sonst."

Seitens der Rettung wird im Übrigen angegeben, dass es keine Probleme gebe, Betten für Patienten und Patientinnen zu finden. Eine der Wigev-Bediensteten zweifelt diese Aussage an: Sie habe von Rettungsmitarbeitern anderes gehört.

"Mit dem Rücken zur Wand"

Zu Bettensperren komme es in den meisten Fällen wegen des Mangels an Pflegepersonal, heißt es weiters: "Wir stehen immer mehr mit dem Rücken zur Wand." Und was dabei besonders wurme: "Dass wir dauernd zu hören bekommen, das sei alles nicht so."

Der Wigev räumt sehr wohl ein, dass die Kliniken "derzeit stark ausgelastet" seien. Von den rund 30.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern seien circa 2.500 im Krankenstand (Stand vorige Woche). Dennoch sei die Versorgungslage stabil, da sich Abteilungen auch gegenseitig aushelfen würden. Gesperrt seien derzeit rund 800 Betten (von 5.165), was aber immer eine Momentaufnahme sei. Die Frage, ob es am Personalstand orientiert einen Überbelag gibt, wurde allerdings nicht beantwortet.

Versorgung angespannt

Vorige Woche hatten die Kinderabteilungen der Krankenhäuser wegen der aktuellen Erkrankungswelle Alarm geschlagen, insbesondere wegen RSV-Viren. Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) ließ wissen, dass man die Lage weiter beobachte: Derzeit sei die Situation in der stationären Versorgung von Kindern und Jugendlichen "zum Teil angespannt, aber nicht kritisch". (Gudrun Springer, 15.12.2022)