Die Zentrale der rumänischen OMV-Tochter Petrom in Bukarest: Nächstes anstehendes Großprojekt ist die kommerzielle Nutzung des Gasfelds Neptun Deep im Schwarzen Meer.

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Österreich und Rumänien sind wirtschaftlich eng verwoben. Der OMV kommt hierbei eine Sonderrolle zu. Der teilstaatliche Konzern ist mit der 2004 erfolgten mehrheitlichen Übernahme des Öl- und Gaskonzerns Petrom zu einem der größten Investoren in Rumänien geworden – und sieht sich nun nach dem Schengen-Veto mit Boykottaufrufen im Land und anderen Anschuldigungen konfrontiert. Eine betrifft Neptun, ein riesiges Gasfeld im Schwarzen Meer.

Nach dem Schengen-Veto wird in rumänischen Medien spekuliert, die zögerliche Haltung der Österreicher könnte etwas mit den engen Beziehungen zwischen OMV und Gazprom beziehungsweise Lukoil zu tun haben. Letztere ist nicht nur im Ölbusiness tätig, sondern hat auch Gasaktivitäten, ist an der Börse in London notiert und im Gegensatz zu Gazprom oder Rosneft kein staatlicher Konzern. Zur Erinnerung: Der frühere Vorstandschef von Lukoil, Rawil Maganow, ist Anfang September bei einem mutmaßlichen Sturz aus dem Fenster eines Moskauer Krankenhauses ums Leben gekommen. Maganow ist einer von mehreren russischen Geschäftsleuten, die seit Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine unter mysteriösen Umständen zu Tode gekommen sind.

Russland nicht brüskieren

Russland als langjähriger Gaslieferant Österreichs soll nicht brüskiert werden, deshalb sei die OMV bei der Entwicklung von Neptun Deep vom Gas gestiegen und verfolge das Projekt nicht mehr mit der gebotenen Eile. Von österreichischer Seite wird das dementiert.

Die Zentrale der OMV in Wien: Das Management des Öl-, Gas- und Chemiekonzerns war zuletzt um Deeskalation rund um die hochgegangenen Emotionen in Rumänien bemüht.
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Der Gasfund selbst reicht gut zehn Jahre zurück. Es war im Februar 2012, dass der damalige OMV-Chef Gerhard Roiss "den größten Gasfund in der Geschichte der OMV" bekanntgeben konnte, zufällig am Tag der Präsentation der Jahresbilanz, während der Pressekonferenz. Mit Exxon Mobil als Partner war OMV Petrom, die rumänische Tochter des österreichischen Öl-, Gas- und Chemiekonzerns, 170 Kilometer vor der Küstenstadt Constanța in 100 bis 1.000 Metern Tiefe auf eine große Gasblase gestoßen. Rund 200 Milliarden Kubikmeter lagern laut Schätzungen dort, immerhin so viel, wie Russland vor dem Überfall auf die Ukraine in einem Jahr in die EU geliefert hat.

Gerhard Roiss stand von 2011 bis 2015 an der Spitze der OMV. 2012 konnte er "den größten Gasfund in der Geschichte der OMV" verkünden. Noch liegt der Schatz unangetastet tief unter dem Schwarzen Meer.
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"So etwas passiert im Leben eines Managers für gewöhnlich nur einmal", beschrieb Roiss damals sein Glücksgefühl über den Fund im sogenannten Neptun-Block. Die Vorarbeiten dazu hatten bereits Jahre vorher begonnen. Dann ging plötzlich nichts mehr. Der Gaspreis war im Keller, Rumänien wollte hohe Steuern und auch sonst viel mitreden, eine schlechte Mischung für die Unternehmen, die angetreten waren, das Gasfeld auszubeuten.

Der US-Multi Exxon Mobil, der in dem 50:50-Joint-Venture mit OMV Petrom Betriebsführer war, schmiss schließlich hin. Seinen Hälfteanteil übernahm im heurigen April Romgaz für mehr als eine Milliarde Dollar, die Betriebsführung bei Neptun ging auf OMV Petrom über. Mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und der dadurch eingetretenen Energieverknappung hat sich einiges zugunsten des Schwarzmeerprojekts geändert.

"Die Preise sind deutlich attraktiver, auch die Nachfrage ist da", sagte Alfred Stern, der Anfang September des Vorjahres an die Spitze der OMV gerückt ist, vor kurzem noch dem STANDARD. "Das Neptun-Projekt ist eines, das in unserer Strategie sehr weit oben war und jetzt noch wichtiger geworden ist."

Bukarest in Eile

Auch die Regierung in Bukarest hat es plötzlich eilig. Romgaz und OMV Petrom sollten ihre Entscheidung bezüglich des Gasfeldes rasch bekanntgeben. "Ich möchte das, weil es eine besondere Marktsituation ist", zeigte sich Rumäniens Energieminister Virgil Popescu schon vor Wochen ungeduldig. "Erdgas wird auf dem Markt benötigt, Rumänien kann eine Rolle spielen", sagte er.

Alfred Stern, seit September 2021 Chef der OMV, will sich bis Mitte kommenden Jahres Zeit lassen mit der finalen Investitionsentscheidung für Neptun Deep, ein großes Gasfeld vor der Küste Rumäniens.
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OMV-Chef Stern selbst war, noch bevor die Emotionen wegen des österreichischen Vetos gegen die Aufnahme Rumäniens in den Schengen-Verbund hochgingen, in Bukarest. Dabei ist er auch mit Staatspräsident Klaus Iohannis zusammengetroffen. Seine Aussage vorher wie nachher: "Wir wollen uns für die finale Investitionsentscheidung bezüglich Neptun Deep bis Mitte 2023 Zeit lassen."

Vier-Milliarden-Investment

Tatsächlich geht es um enorm viel Geld. Vier Milliarden Euro müssten investiert werden, um an das Gas zu kommen, zwei Milliarden allein von der OMV. Das alte Offshore-Gesetz, das mit 23 Prozent den höchsten Steuersatz in der EU vorgesehen hatte, wurde zwischenzeitlich vom rumänischen Parlament geändert und investorenfreundlicher gestaltet; in einigen Punkten wünsche man sich aber noch Verbesserungen, heißt es bei der OMV. Erstes Gas könnte, sofern die Konditionen passen und es 2023 grünes Licht für die Investition gibt, 2027 fließen.

Gänzlich friktionsfrei gestalteten sich übrigens die Jahre nach der Übernahme von Petrom durch die OMV nicht. Der rumänische Öl- und Gaskonzern hatte, überspitzt gesagt, mehr Mitarbeiter in Sold als Arbeitsplätze, war inneffizient und verlor Geld. Die Zentrale in Wien fuhr ein hartes Sanierungsprogramm, brachte die Raffinerie in Ploiești auf Vordermann und investierte auch viel Geld in das Tankstellennetz vor Ort. Im Gegenzug mussten tausende Mitarbeiter gehen, was in gewissen Kreisen noch immer für Unmut sorgt und nur einen Schuldigen kennt: die OMV. (Günther Strobl, 17.12.2022)