Donald Trump ist bereit, den Kampf aufzunehmen.

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In seinem Anwesen in Florida strahlte die Weihnachtsdekoration. Aber Stimmung wollte bei Donald Trump nicht aufkommen. "Das sind korrupte Feiglinge, die unser Land hassen", wütete der Ex-Präsident am Wochenende auf seiner Propagandaplattform Truth Social. "Ich kämpfe, um unser Land zu retten. Die wirklichen Kriminellen sind die Leute, die unser einstmals großartiges Land zerstören."

Die Tirade kam nicht von ungefähr. Der Polit-Exilant ahnte wohl, was am Montag in Washington passieren würde: Da tagte zum letzten Mal der Untersuchungsausschuss zum Sturm aufs Kapitol (6.1.2021). Allgemein wurde erwartet, dass das Gremium dem Justizministerium die strafrechtliche Verfolgung des Ex-Präsidenten empfehlen würde. "Als früherer Staatsanwalt glaube ich, dass es genügend Material für eine Anklage gegen den Ex-Präsidenten gibt", sagte Adam Schiff, ein demokratischer Abgeordneter.

Bei mehr als tausend Vernehmungen ehemaliger Regierungsmitglieder, enger Trump-Vertrauter und selbst der Trump-Kinder Ivanka und Donald Junior hat das neunköpfige Gremium in den vergangenen 18 Monaten tatsächlich einen erdrückenden Berg von Belegen für die zentrale Rolle des Ex-Präsidenten bei dem Putschversuch zusammengetragen.

Die Zeugen sagten aus, dass Trump frühzeitig eine Kampagne zur Diskreditierung des rechtmäßigen Wahlergebnisses plante, staatliche Beamte zur Fälschung der Ergebnisse drängte, den bewaffneten rechten Mob aufhetzte und dann 187 Minuten untätig blieb, während das Kapitol gewaltsam gestürmt wurde und die Volksvertreter um ihr Leben fürchten mussten.

Drei mögliche Anklagen

In der Juristensprache lässt sich das auf drei Vergehen kondensieren: Aufruhr, Verschwörung gegen die Regierung, Behinderung eines Verfahrens. Diese drei Anklagepunkte empfahl der Ausschuss. Schiff: "Wenn das nicht kriminell ist, was dann?"

Die Empfehlung der Anklage eines Ex-Präsidenten durch den Kongress ist beispiellos in der US-Geschichte. Gleichwohl hat sie weitgehend symbolische Bedeutung: Das Parlament selbst hat keine rechtliche Handhabe. Herr des Verfahrens ist Justizminister Merrick Garland. Der hatte im November mit Jack Smith einen Sonderermittler eingesetzt, der längst eigene Erkenntnisse gesammelt hat. Die schiere Masse der vom Ausschuss gesammelten, mehr als eine Million Dokumente dürfte deren Umfang freilich weit übersteigen.

Politisch steigt nun vor allem der Druck auf Garland, ein Strafverfahren zu eröffnen. Der akkurate Jurist zögert vor diesem Schritt, weil er den Vorwurf einer politischen Verfolgung des möglichen Herausforderers von Präsident Joe Biden fürchtet. Trump hat seine Bewerbung für eine erneute Kandidatur 2024 angemeldet. Eine Verurteilung wegen Aufruhr würde ihn von künftigen öffentlichen Ämtern ausschließen.

Pence gegen Trump-Anklage

Trumps ehemaliger Vizepräsident Mike Pence hat eine Anklage gegen seinen früheren Chef abgelehnt. "Das würde unheimlich spalten in einem Land und zu einer Zeit, wenn das amerikanische Volk sehen will, dass wir heilen", sagte Pence am Montag in einem Interview mit dem konservativen Nachrichtensender "Fox News". "Ich hoffe, dass das Justizministerium sich das genau überlegt", sagte Pence.

Trump unter Druck

Trump gerät derzeit von verschiedenen Seiten immer stärker unter Druck. Das Justizministerium ermittelt auch wegen der möglichen Entwendung teilweise streng geheimer Regierungsdokumente, die auf seinem privaten Anwesen Mar-a-Lago gefunden wurden.

Weiterer Ärger droht in dem jahrelangen Streit um die Veröffentlichung seiner Steuerunterlagen. Der einflussreiche Kontrollausschuss des Repräsentantenhauses will an diesem Dienstag entscheiden, ob er die Unterlagen aus den Jahren 2015 bis 2020 öffentlich macht.

Die Demokraten im Repräsentantenhaus stehen unter Zeitdruck, weil sie zum Jahreswechsel ihre Mehrheit verlieren. Die Republikaner haben schon angekündigt, dass sie den Untersuchungsausschuss zum Kapitolssturm dann sofort auflösen wollen. Mit zehn öffentlichen Anhörungen, die live im Fernsehen übertragen wurden, hat das Gremium zwar die Hardcore-Anhänger des Ex-Präsidenten kaum umstimmen können, aber einen eindrucksvollen Beitrag zur öffentlichen Aufarbeitung des Putschversuchs geleistet. (Karl Doemens aus Washington, red, 19.12.2022)