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Sie kennen das bestimmt. Oder besser, falls Sie einer relativ privilegierten Mittel- oder oberen Mittelschicht angehören: Es sind Feiertage, man isst, trinkt, übernachtet vielleicht bei den eigenen Eltern, die inzwischen Großeltern sind. Die Bettwäsche ist bezogen, es ist eingekauft. Alles da, gemütlich, aufgeräumt und schön gemacht. Was einer als Kind nicht auffällt, wird hoffentlich für den erwachsenen Menschen nun sichtbar, plus die Arbeit dahinter. Dass es keine Wichtel sind, die den Kaffee machen und Kekse gebacken haben – sondern meistens allein die eigene Mama.

Und das kommt nicht von ungefähr. Eine jahrzehntelange traditionelle Arbeitsteilung heißt gerade für viele ältere Menschen: Seine Arbeit – außer Haus – ist mit der Pension niedergelegt, ihre bleibt ihr nach wie vor in ihrem direkten Umfeld erhalten, im Haus, für ihn, für (erwachsene) Kinder und Enkelkinder.

Handlungsoptionen

Doch selbst wenn es weniger klassisch ist, ist es für manche Töchter mit feministischem Bewusstsein und Bestreben hart zuzuschauen. Wenn vorwiegend die Schwestern aufstehen und der Mama helfen, während sich die männliche Verwandtschaft nicht rührt. Was also tun?

Da gibt es mehrere Möglichkeiten, um damit umzugehen. Diese Variante zum Beispiel: sein politisches Programm auch während der Feiertage durchziehen. Knallhart. Der Schwager rührt keinen Finger, weder, um den Geschirrspüler einzuräumen, noch, um den Tisch abzuräumen? Wie wäre es mit Nachmachen? Warum nicht? Denn wie kommt man dazu, dass man im eigenen Leben – womöglich tagtäglich – um eine faire Verteilung der Familienarbeit ringt, um plötzlich eine zutiefst sexistische Arbeitsteilung mitzutragen. Ein guter Grund für Verweigerung, sicher.

Allerdings gibt es auch Nachteile: das Gefühl nämlich, die eigene Haltung auf dem Rücken der eigenen Mutter auszutragen. Schließlich wissen wir auch heute, wie hart es ist, aus den noch immer omnipräsenten Rollenmustern auszubrechen. Wie schwer muss das erst in den 1960er-Jahren oder 1970er-Jahren gewesen sein? Es zieht sich damit also so ein gewisser Mief eines moralischen Urteils zwischen Weihrauch und Bratenduft, das in Richtung der arbeitenden Mutter zieht. Nicht schön.

Einfach helfen, Punkt

Vielleicht ist es Variante zwei: helfen, wo es geht. Ohne den eigenen Müttern zu vermitteln, dass sie in ihrem Leben vielleicht falsch abgebogen sind, ohne den männlichen Verwandten Nachhilfe in Sachen Fairness zu geben, denn schließlich ist auch das Arbeit, und warum sollte man neben der Hilfe im Haushalt den Vätern oder Brüdern auch noch politische Bildung auf dem Silbertablett servieren? Außerdem, viele User:innen meinten zu dieser feministischen Gewissensfrage: Das ist es eh, was sie wollen. Anerkennung für das Essen, keine "Einmischung" in "ihre" Bereiche.

Also doch gar nicht helfen, quasi, um ihnen einen Gefallen zu tun? Nun, Mütter und Omas werden bekanntlich älter. Viele sagen es nicht, aber es wird anstrengender. Irgendwann muss sowieso geholfen werden. Besser früher damit anfangen und alle rasch daran gewöhnen ans "Einmischen". Doch es gibt noch einen anderen fetten Minuspunkt bei der Variante "einfach helfen": Was sollen denn kleine Kinder denken? Welchen Eindruck macht es auf sie, wenn völlig unausgesprochen klar zu sein scheint, wer aufsteht und wer sitzen bleibt. Wer für Essen, Wohlbefinden und ein angenehmes Zusammensein zuständig ist. Wer während der Feiertage wirklich frei hat und für wen die Arbeit weitergeht, gerade so, als ob man damit irgendeinem Naturzustand gerecht werden würde. Erwachsene Frauen helfen mit dieser Variante zwar ihren Müttern, aber ihren eigenen Kindern nicht dabei, so wenige Rollenklischees wie möglich in ihrem Umfeld zu beobachten.

Richtig schön rumschimpfen

Möglichkeit drei: Die Ambivalenzen so richtig schön ausleben. Mit Müttern, Tanten und Schwestern zwar in der Küche stehen – aber zumindest ordentlich darüber maulen, dass die Brüder, Schwäger, Väter mal wieder fett auf der Couch liegen und ihnen jegliche Teilnahme an anfallenden Arbeiten mühsam abgerungen werden muss. Damit lässt man die arbeitenden Frauen nicht ganz im Regen stehen und zeigt doch, dass das so nicht okay ist und schon gar nicht normal sein sollte. Während Geschirr abgetrocknet wird, ist zudem auch gut Zeit, mal bei den Geschwistern nachzufragen, wie sie das denn so machen – mit der Teilung der Kinderbetreuung, der Hausarbeit, der Pflege der Schwiegereltern. Und vielleicht einen letztlich produktiven Konflikt schüren. Wozu sind die Feiertage schließlich da.

Aber zugegeben: Letztlich ist nichts davon optimal. Vielleicht macht es die Mischung. Ein richtig oder falsch gibt es wohl nicht, vielleicht hilft das ebenso wie der Gedanke, dass diese Fragen wohl auch an diesen Feiertagen viele Frauen beschäftigen wird. (Beate Hausbichler, 21.12.2022)