Schwarzhumorig, ehrlich, entlarvend: Kein Weihnachtsfilm zeichnet ein so realitätsgetreues Bild des alljährlichen Weihnachtswahnsinns wie Single Bells. Der österreichische Klassiker des Regisseurs Xaver Schwarzenberger ist zwar schon etwas älter – genauer: aus dem Jahr 1997 –, ist aber hervor ragend gealtert. Familiäre Fehden ändern sich scheinbar nur sehr langsam oder bleiben gleich.

Der Plot ist schnell erzählt: Die Hauptfigur Kathi trennt sich von ihrem Freund und fährt weinend zu ihrer Schwester aufs Land, um mit ihr Weihnachten zu feiern. Dort erwartet sie nicht nur ihre eigene Mutter, sondern auch die Schwiegermutter. Von da an beginnt der Weihnachtstrubel – verfeindete Omas, Streit um die Gans, brennender Tannenbaum. Mit jeder Minute schaukelt sich die Stimmung hoch.

"Stellts euch Mal alle zusammen. Lächeln!"
Foto: ORF

Weihnachten ist, wenn die Nerven blank liegen. Wenn Essen und Freude das Wichtigste sind, aber beides schiefgeht. Wenn einem die Unterschiedlichkeit der Familienmitglieder wieder bewusst wird. Lebenswelten aufeinanderprallen. Man seine eigenen Grenzen erkennt. Den eigenen Gefühlen freien Lauf lässt. Der Geduldsfaden reißt. Das Bezaubernde: Jeder Dialog kommt einem bekannt vor. Die Protagonisten sprechen einem aus der Seele. Zu oft hat man selbst schon dieselben Gespräche geführt, den gleichen Wahnsinn mitgemacht.

Das ist dem Filmemacher durchaus bewusst, und so liest man zu Beginn: "Jede Ähnlichkeit mit existierenden Personen ist rein zufällig und unbeabsichtigt." Am Ende wird einem warm ums Herz, da man erkennt: Bei allen geht es hektisch und ruppig zu – und das ist auch okay. Der Film trifft somit mitten ins Herz. Mehr als jede kitschige amerikanische Weihnachtsschnulze es jemals könnte. (Natascha Ickert, 20.12.2022)