Der neue Leonardo AW169 ist Teil eines größeren Aufbauplans im Heeresressort. 16,6 Milliarden Euro sollen bis 2032 investiert werden.

Foto: Bundesheer / Daniel Tripolt

Auf den Tag hat man sich sorgsam vorbereitet. Für Medienvertreter gab es Fotomöglichkeiten und ein Busshuttle; vor Ort eine Flaggenparade, mehrere Musikstücke und den Marsch der Ehrenformation. Beim Festakt im niederösterreichischen Langenlebarn waren nicht nur Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner, Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (beide ÖVP) und Generalstabschef Rudolf Striedinger anwesend; sondern auch Tanners italienischer Amtskollege Guido Crosetto. Denn die Inszenierung sollte sitzen für den eigentlichen Mittelpunkt der Veranstaltung: den Leonardo AW169.

Der Transporthubschrauber des italienischen Rüstungskonzerns, der am Mittwochvormittag im Fliegerhorst Brumowski dem österreichischen Bundesheer übergeben wurde, wird der erste seiner Art in einem heimischen Militär-Hangar sein – aber nicht der letzte. 18 Stück des Großraumhelikopters hatte das Bundesheer bereits bestellt. Die Hubschrauber werden schrittweise geliefert.

Verdoppelung am Mittwoch

Allerdings: Die millionenschwere Großbeschaffung wurde am Mittwoch noch einmal um das doppelte aufgestockt: 18 weitere Leonardos werden noch zusätzlich gekauft. Bei der Übergabe der ersten Maschine am Mittwoch unterzeichnete Tanner den Kaufvertrag über die zweite Tranche. Die Ministerin lobte das Government-to-Government-Geschäft mit Italien, das "enorm viele Vorteile" gebracht habe. Es sei kostengünstig und transparent gewesen "und man verhandelt direkt mit einer anderen Regierung", sagte Tanner.

Zuvor hatte sich bereits abgezeichnet, dass es nicht bei den beschafften Leonardos bleiben dürfte, sondern das Heeresressort die Kaufoption für die 18 zusätzlichen Helikopter ziehen wird. Diese Information wollte man im Ministerium allerdings bis zum Mittwoch zurückhalten, um die Neuigkeit im entsprechend inszenierten Rahmen verkünden zu können – größere mediale Aufmerksamkeit war damit gewiss.

Auftrag über 870 Millionen Euro

Die neuen Helikopter sollen nach und nach die in die Jahre gekommenen Alouette III ersetzen. Die leichten Verbindungs- und Transporthubschrauber sind bereits gut fünfzig Jahre alt und sollten aus technischen Gründen eigentlich Ende 2023 ausgeschieden werden. Die Anschaffung der 36 neuen Hubschrauber soll inklusive Technik, Logistik und Ausbildung rund 870 Millionen Euro kosten. Es ist das teuerste Rüstungsgeschäft in Österreich seit dem Kauf der Eurofighter. Bis 2028 sollen alle Maschinen ausgeliefert sein.

Dass man sich mit dem Leonardo AW169 für das teuerste der zur Debatte stehenden Modelle entschieden hat, begründet man im Verteidigungsministerium mit dem Leistungsspektrum des italienischen Fabrikats. Für einen konkreten Vergleich dürfe nicht nur der Preis, sondern müssten auch die Fähigkeiten eines Hubschraubers herangezogen werden. Andere Hubschrauber in dieser Größe würden sich "im selben Preissegment" bewegen, heißt es.

Die neue Hubschrauberflotte soll jedenfalls grundsätzlich zu Transportzwecken eingesetzt werden. Im Vergleich zu den alten Alouettes verfügt das neue Modell über deutlich mehr Fassungsvermögen. Zusätzlich zu Pilot und Besatzung können zehn Personen mitgenommen werden – beim Vorgänger waren es gerade einmal drei. Zum Einsatzspektrum gehören sämtliche potenziellen militärischen Aufgaben, bei denen zehn Soldaten schnell an einen anderen Ort gebracht werden müssen. Dazu kommen diverse mögliche Aufklärungs- und Erkundungseinsätze.

Brandlöschung bis Einsatz im Hochgebirge

Grundsätzlich kann und wird der Helikopter auch bewaffnet werden. Dies wird allerdings nicht bei allen Exemplaren der Fall sein. "Das Grundmodell kann mit verschiedenen Missionspaketen ausgerüstet werden", sagt ein Ressortsprecher zum STANDARD. Für Aufgaben im Hochgebirge – Bundesheer-Hubschrauber werden etwa auch zur Rettung von Bergsteigern eingesetzt – gebe es dementsprechend eine andere Ausstattung als für verschiedene Auslandseinsätze. Auch auf die soll der Leonardo nämlich geschickt werden. Die Missionspakete können beim einzelnen Helikopter je nach Einsatz schnell nach- beziehungswiese umgerüstet werden.

Ein wichtiges Einsatzgebiet ist zudem die Löschung von Waldbränden. Auch hier ist das deutlich größere Fassungsvermögen des neuen Hubschraubers ein Vorteil. Mit 1.500 Litern kann er dreimal mehr Wasser aufnehmen als das französische Auslaufmodell.

24 Exemplare des Leonardo AW169 sollen als Einsatz- und Schulhubschrauber in Langenlebarn stationiert werden. Die restlichen zwölf kommen nach Aigen im Ennstal. Die 36 Leonardos werden übrigens auch künftig nicht die einzigen Hubschrauber des Bundesheers sein. Aktuell gibt es vier Modelle, wozu neben älteren Typen auch neun Stück des US-amerikanischen Black Hawk gehören – drei weitere Exemplare sind bereits bestellt.

16,6 Milliarden für Beschaffungsoffensive im Heer

Der Kauf der 36 neuen Hubschrauber ist Teil einer größeren Beschaffungsoffensive des Verteidigungsressorts. Sie soll die in vielen Bereichen desolate technische Ausstattung des Bundesheers schrittweise erneuern und erweitern. Das kommende Jahr wird stark im Zeichen dieses Aufbauplans stehen. Bis 2032 sind dafür Investitionen von insgesamt 16,6 Milliarden Euro vorgesehen.

Im kommenden Jahr sollen etwa geschützte und ungeschützte Fahrzeuge, Bekleidung und Ausrüstung einschließlich Bewaffnung beschafft werden. Auch moderne Kommunikationsmittel werden gekauft, und Investitionen in die Nachtsichtfähigkeit der Armee sind beschlossen. Grundwehrdiener erhalten ab 2023 zudem eine höhere Vergütung. (Martin Tschiderer, 21.12.2022)