Der Output an hochkarätigen Serien wird sich kaum halten lassen, prognostiziert Großproduzent Jan Mojto (Beta-Gruppe, Gamma-Holding) in der Etat-Umfrage 2023.

Die nächsten zwei Jahre werden aus Sicht des internationalen Großproduzenten Jan Mojto spannend. Den Markt für aufwändige sogenannte High-End-Produktionen sieht der Boss der Beta Film als bald gesättigt an. Die große Herausforderung liege in der Fülle des Angebots darin, überhaupt zum Publikum vorzudringen.

Die Etat-Prognose 2023: Was Medienmenschen erwarten, Teil 1

DER STANDARD bittet zum Jahreswechsel Medienmenschen um ihre Prognose, was die Branche im Jahr 2023 erwartet, und startet mit dem Boss der auch den österreichischen Markt dominierenden Beta-Gruppe die Etat-Prognosen 2023.

Jan Mojto ist Kopf und Eigentümer der deutschen Beta-Film-Gruppe mit der Klassiksparte Unitel. Mit seiner Holding Gamma ist er längst größter Produzent in Österreich: Die Gamma Film GmbH hält mit 50,8 bis 55,8 Prozent die Mehrheit am Produktionsriesen MR Film ("Vienna Blood", "Vorstadtweiber", "Biester", "Maria Theresia"), an Gebhardt Productions ("Soko Linz", "Soko Kitzbühel", "Was gibt es Neues", "Wir sind Kaiser*in") und TV Friends Productions und Services ("Starmania", "Q1", "Ninja Warrior Austria").

2022 hat die Gamma zudem 35 Prozent an der Regionalfernsehgruppe R9 übernommen, sie hält auch 15 Prozent am Wiener Produktionsstandort Marx Media Vienna.

Die Prognose

Mojto sieht die Branche an ihre Grenzen stoßen, Ressourcen betreffend – sowohl personell als auch finanziell. Mojto: "Das Gesamtvolumen von produzierten Inhalten wird sinken, aber nicht auf das Niveau der Vor-Corona-Zeit."

Wie wird sich der Streamingmarkt 2023 entwickeln?

Mojto: Es wird schwieriger, den Markt rund um High-End-Serien zu bespielen. Dieser Trend wird sich 2023 fortsetzen. Es gibt viel Programm: Zu den Zuschauern durchzudringen ist eine Herausforderung. Ich bin sehr stolz, dass uns das bei Beta mit vielen nicht englischsprachigen Produktionen gelungen ist, siehe "Gomorrha", "Babylon Berlin", "Sisi" und andere. High End ist Champions League, und da ist es nicht leicht zu bestehen. In den letzten Jahren ist die Menge der produzierten Serien und Filme massiv gestiegen, dieses Niveau ist nicht zu halten. Alle suchen etwas Besonderes, Einmaliges, aber es gibt natürliche Begrenzungen. Gewisse Ressourcen sind rar, zum Beispiel Stoffe, die finanziellen Mittel der Sender und Plattformen und die Verfügbarkeit von guten Leuten, nicht nur im kreativen Bereich, auch bei den technischen und handwerklichen Berufen.

Auf der anderen Seite erwarte ich eine Stärkung der lokalen Inhalte. Bestes Beispiel: "Weber & Breitfuß" im Dezember im ORF. Das gilt übrigens nicht nur für die linearen Sender, auch Streamingplattformen werden sich stärker mit lokalen Inhalten auseinandersetzen.

Im Kino heißt es, auf hundert Entwicklungen kommen zehn Produktionen, und eine davon ist erfolgreich. Ich bin nicht sicher, ob das so extrem auch auf TV und Streaming zutrifft, aber es zeichnet sich ab, dass die Auftraggeber vorsichtiger geworden sind. Sie müssen das Volumen an die wirtschaftliche Situation in den einzelnen Ländern anpassen. Das führt zu einem höheren Anspruch an die Entwicklung, und es dauert länger, bis Produktionsentscheidungen getroffen werden.

Werden die Abozahlen bei den Streamingplattformen weiter steigen, oder ist der Plafond erreicht?

Mojto: Die nächsten zwei Jahre werden sehr spannend. Gegenwärtig findet eine Konsolidierung des europäischen Produktionsmarkts statt, getrieben auch durch Finanzgruppen, die in unser Geschäft investieren. Konsolidierung ist aber auch erforderlich, um größere und finanzstarke Einheiten zu schaffen. Das ermöglicht es, kontinuierlich zu produzieren und so zum Beispiel in der Lage zu sein, Kreative langfristig an sich zu binden.

Das Gesamtvolumen von produzierten Inhalten wird meiner Meinung nach sinken, aber nicht auf das Niveau der Vor-Corona-Zeit. In vielleicht zwei Jahren kommen wir wieder in ein normales, organisch wachsendes Umfeld zurück, weil die Nachfrage nach Inhalten weiterhin sehr groß ist.

Auch in den einfacheren Zeiten war das Angebot an Stoffen und guten Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen nie zu groß. Im Moment spitzt sich die Situation zu, nicht zuletzt auch durch nicht branchenspezifische Faktoren wie die Inflation – das muss man ehrlicherweise sagen. Ich bin überzeugt, das ist ein vorübergehendes Phänomen, allerdings wird und muss sich einiges verändern.

Wie verändert die Aussicht auf das Anreizmodell Ihren Produktionsplan für 2023?

Mojto: Beta Film orientiert sich bei Produktionsentscheidungen in erster Linie an den Inhalten. Aspekte wie Steuer- bzw. Standortvorteile kamen bei uns immer erst danach. Daran hat sich nichts geändert. Das Anreizmodell bewirkt aber, dass Österreich als Drehort wieder interessanter wird. Wir werden deshalb sicher Produktionen ins Land bringen, die sonst anderswo produziert worden wären. (Doris Priesching, 23.12.2022)