Rechtsanwalt Oliver Peschel interpretiert das neue Urteil des Obersten Gerichtshofs zum illegalen Glücksspiel im Netz.

Illegale Onlinekasinos argumentieren stets, dass eine Rückforderung von Spielverlusten bei "Kenntnis" der Illegalität durch den Spieler oder die Spielerin ausgeschlossen wäre, doch stimmt das auch? Der Oberste Gerichtshof (OGH) gibt dazu die Antwort in einem aktuellen Urteil.

Verluste aus Onlineglücksspielen können eingeklagt werden – auch wenn man sich wissentlich darauf einlässt.
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Bereicherungsrechtliche Rückforderung von Spielverlusten

Der Oberste Gerichtshof urteilt in gefestigter Rechtsprechung, dass bei Onlinekasinos erlittene Spielverluste zurückgefordert werden können. Es können Verluste aus sämtlichen Glücksspielen eingeklagt werden: Roulette, Blackjack, Slots und nach neuer Rechtsprechung auch Verluste aus Onlinepoker. Die Rückforderung verjährt erst in 30 Jahren.

Schadet die Wissentlichkeit?

Was aber, wenn ein Spieler oder eine Spielerin zum Zeitpunkt des Glücksspiels bereits wusste, dass das Angebot der Website ohne gültige Lizenz in Österreich erfolgt und er oder sie die Verluste theoretisch zurückfordern kann? In Rückforderungsprozessen berufen sich Onlinekasinos diesbezüglich regelmäßig auf § 1174 ABGB:

Was jemand wissentlich zur Bewirkung einer unmöglichen oder unerlaubten Handlung gegeben hat, kann er nicht wieder zurückfordern.

Laut Rechtsprechung steht § 1174 Abs 1 Satz 1 ABGB jedoch einem bereicherungsrechtlichen Rückforderungsanspruch hinsichtlich der Spieleinsätze für ein verbotenes Onlineglücksspiel nicht entgegen, weil die entsprechenden Einsätze nicht gegeben werden, um das verbotene Spiel zu bewirken, sondern um daran teilzunehmen. In der aktuellen Entscheidung vom 18.11.2022 (6 Ob 200/22p) geht der OGH nun sogar noch einen Schritt weiter:

"Eine bereits im Zeitpunkt der Leistung – also des Spieleinsatzes vorhandene – Kenntnis des Spielers von der Ungültigkeit der Verpflichtung schließt dessen Kenntnis von der Rückforderbarkeit der (trotz ungültiger Verpflichtung hingegebenen) Leistung in sich, womit es dem Kläger – wegen des bereits erörterten Verbotszwecks – auch nicht schaden könnte, wenn er der Beklagten eine allenfalls schon bei Teilnahme am verbotenen Spiel bei ihm vorhandene 'Absicht', verlorene Einsätze später einzuklagen, 'verschwiegen' hätte."

Damit stellt der OGH klar, dass weder eine Wissentlichkeit über die fehlende österreichische Lizenz der Kasinoanbieter noch eine Absicht im Spielzeitpunkt, die etwaigen Verluste später wieder zurückzufordern und einzuklagen, ein Hindernis darstellen.

Ist das Ergebnis zu begrüßen?

Lizenzlose Onlinekasinos argumentieren gerne mit den "bösen" Spielern und Spielerinnen, die nur spielen würden, um zu gewinnen, und bei Verlusten diese "risikolos" zurückfordern könnten. Was bei diesem Argument untergeht: Glücksspielkonzerne agieren schon seit Jahren ohne Lizenz und damit illegal in Österreich. Diese Konzerne kennen die österreichische Rechtslage und bieten dennoch in Österreich Onlineglücksspiel an – ja, werben sogar aktiv im Internet und TV. Genau diese Kenntnis werfen sie wiederum den Spielern und Spielerinnen vor – man muss also in diesem Zusammenhang stets von einer "beidseitigen Wissentlichkeit" sprechen.

Würde man Spielenden bei "beidseitiger Wissentlichkeit" die Rückforderung verwehren, wäre der illegale Anbieter geschützt – ein Ergebnis, das man wohl kaum gutheißen kann. Vergessen wird dabei auch, dass Spielsucht eine nicht zu unterschätzende Sucht ist, die große Teile der Bevölkerung umfasst. Einfach mit dem Spielen aufhören – das schaffen die wenigsten. (Oliver Peschel, 22.12.2022)