Verbund-CEO Michael Strugl sieht bei den Strompreisen noch wenig Entspannung.

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Dass der Stromkonzern Verbund Hauptbetroffener der regierungsseitig beschlossenen Abschöpfung von Zufallsgewinne sein würde, war klar. Wie hoch die Summe sein würde, konnte man bisher nur ahnen. Nun liegt eine fundierte Schätzung von Österreichs größtem Stromerzeuger vor.

"Aufgrund der Parameter, die uns bekannt sind, und auf Basis jetziger Strompreise wird Verbund aus dem Titel Energiekrisenbeitrag Strom 1,85 Milliarden Euro abliefern", sagte Verbund-Chef Michael Strugl am Mittwoch im Klub der Wirtschaftspublizisten. Sollten die Strompreise im relevanten Zeitraum 1. Dezember 2022 bis 31. Dezember 2023 im Schnitt tiefer liegen, würde es etwas weniger sein, bei höheren Preisen und damit höheren "Zufallsgewinnen" entsprechend mehr. Zufallsgewinne deshalb, weil die Energiebranche aufgrund des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine ohne ihr Zutun hohe Gewinne einstreift.

Geld für Gegenfinanzierung

Das Gesetz, das die Deckelung der Stromerlöse insbesondere für Erzeugungstechnologien wie Wasserkraft, Windkraft, Solar und Steinkohle bei 140 Euro je Megawattstunde (MWh) vorsieht, ist am 13. Dezember im Parlament beschlossen worden und rückwirkend mit 1. Dezember in Kraft getreten. Die EU-Kommission hat den Mitgliedsländern als Richtwert 180 Euro je MWh vorgegeben; alles darüber sollte zu einem bestimmten Prozentsatz (in Österreich 90 Prozent) abgeschöpft und zur Gegenfinanzierung von Entlastungsmaßnahmen für Industrie und Haushalte verwendet werden.

In der Kalkulation sei bereits berücksichtigt, dass Investitionen in den Ausbau erneuerbarer Energien angerechnet werden können, womit sich der Deckel auf bis zu 176 Euro je MWh erhöht, sagte Strugl. Der Energiekrisenbeitrag Strom sei in zwei Tranchen zu zahlen, einmal am 30. September 2023 für den Zeitraum 1. Dezember 2022 bis 30. Juni 2023 und einmal am 31. März 2024 für den Zeitraum 1. Juli 2023 bis 31. Dezember 2023.

Sonderdividende

Neben der Gewinnabschöpfung in Österreich ist Verbund mit seinen erneuerbaren Erzeugungsanlagen auch in Deutschland, Spanien und Rumänien von Markteingriffen betroffen. In Deutschland, wo die Gewinnabschöpfung abhängig von der Erzeugungstechnologie und Vermarktungsart erfolgt, rechnet Strugl mit rund 300 Millionen Euro, die fällig werden. In Spanien und Rumänien sollte die Gewinnabschöpfung um einiges niedriger ausfallen – "weil wir dort auch weniger stark engagiert sind", wie Strugl sagt.

Zusätzlich kann die Republik, die mit 51 Prozent an Verbund beteiligt ist, mit der höchsten Gewinnausschüttung seit Bestehen des Konzerns rechnen: Inklusive Sonderdividende werden kommendes Jahr für 2022 rund 600 Millionen Euro beim Finanzminister eingehen.

Wie es nach dem 31. Dezember 2023 weitergeht, ist offen. Sollten die Strompreise bis dorthin nicht stark sinken, könnte die Gewinnabschöpfung in die Verlängerung gehen. Im Moment weist nichts darauf hin, dass die Großhandelspreise deutlich unter 100 Euro fallen könnten. An den Investitionsplänen will Verbund in jedem Fall festhalten.

(Günther Strobl, 21.12.2022)