Dass Schnee und Eis – sofern überhaupt vorhanden – rund um die Weihnachtsfeiertage schmelzen, kann mitunter einer meteorologischen Singularität zu verdanken sein, unter Fachleuten als "Weihnachtstauwetter" bekannt.

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Weihnachten wie damals, mit glitzernden Schneekristallen, die am Heiligen Abend tausendfach vom Himmel herniederschweben und ein ohnehin schon weißes Winterwonderland stimmungsvoll überzuckern, wird wohl auch heuer wieder ein Wunschtraum bleiben. Mag sei, dass in den nächsten Tagen die eine oder andere Schneeflocke ihren Weg zur Erde findet, in den Niederungen wird sie sich nur mit viel Glück zu bereits vorhandenem Weiß gesellen können.

Zumindest für die österreichischen Landeshauptstädte prophezeit die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) am Mittwoch keine weißen Weihnachten: Unterhalb von 1.000 Meter Seehöhe dürfte sich das Wenig an vorhandenem Schnee in den nächsten Tagen kaum halten können. Selbst in 1.500 Metern wird man nach Angaben der Meteorologen noch mit um die zehn Grad plus rechnen müssen.

Keine Überraschung

Das bevorstehende warme Wetter ist letztlich freilich keine große Überraschung, denn sie fügt sich durchaus in ein Muster ein, das unter Fachleuten die Bezeichnung "Weihnachtstauwetter" trägt. Das Phänomen gilt als meteorologische Singularität, eine Wetterphase wie die Eisheiligen im Mai oder die Schafskälte Mitte Juni, wie Alexander Orlik von der ZAMG dem STANDARD erklärt. Im Schnitt sorgt das Phänomen in sechs bis sieben von zehn Jahren für relativ milde Witterung gegen Ende Dezember.

Damit entspricht die milde Westströmung in den kommenden Tagen beinahe dem Lehrbuch, wie Orlik meint. Dementsprechend dürfte es in den kommenden Tagen in ganz Österreich aussehen: An der Alpennordseite, von Vorarlberg bis zum Mostviertel, werden viele Wolken den Himmel bedecken, auch mit Regen wird zu rechnen sein. Die Schneefallgrenze liegt zwischen 1.500 und 1.800 Metern.

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Unübersehbarer Trend

Letztlich aber dürfte der globale Klimawandel mittlerweile die Hauptrolle beim Wettergeschehen rund um Weihnachten spielen: Die Weihnachtsfeiertage sind in Österreich in den vergangenen Jahrzehnten um durchschnittlich ein bis zweieinhalb Grad wärmer geworden, die Chance auf weiße Weihnachten ist in den tiefen Lagen dementsprechend um 30 bis 60 Prozent gesunken, wie eine Auswertung der ZAMG zuletzt zeigte.

"Natürlich gibt es von Jahr zu Jahr große Schwankungen, aber langfristig ist der Trend zu immer milderen Temperaturen zu Weihnachten klar erkennbar", meint Orlik. "Vergleicht man zum Beispiel die durchschnittliche Temperatur am 24., 25. und 26. Dezember im Zeitraum 1961 bis 1990 mit dem Zeitraum 1991 bis 2020, dann zeigt sich zum Beispiel in den Landeshauptstädten Österreichs eine Erwärmung von rund ein bis zweieinhalb Grad."

Historische Schneerekorde

Durch die Erwärmung sind auch weiße Weihnachten deutlich seltener geworden. Denn die Temperatur liegt in den Niederungen Österreichs dann immer öfter über null Grad. Daher tritt Niederschlag eher als Regen in Erscheinung beziehungsweise schmilzt gefallener Schnee schneller. Wer nach weihnachtlichen Schneerekorden sucht, muss in den Daten weit zurückgehen. Den Weihnachtsrekord aller Landeshauptstädte hält die Wetterstation Innsbruck-Flughafen mit 96 Zentimeter Schnee am 24. Dezember 1962.

Weitere Schneerekorde der Landeshauptstädte für Weihnachten waren etwa 55 Zentimeter am Flughafen Graz am 25. Dezember 1994, 50 Zentimeter in St. Pölten am 24. Dezember 1969, 47 Zentimeter in Klagenfurt 1994.

Auch die Kälterekorde liegen weit zurück. In der österreichweiten Auswertung aller ZAMG-Wetterstationen unter 1.400 Meter Seehöhe ist der Kälterekord minus 29,0 Grad in Tamsweg in Salzburg in der Nacht auf den 26. Dezember 1944. Extrem war auch 1962. Damals lag die Temperatur am 25. Dezember in Vils im Tiroler Bezirk Reutte bei minus 19,8 Grad. In Kitzbühel hatte es in der Nacht von 24. auf 25. Dezember 1962 minus 27,9 Grad. Den weihnachtlichen Wärmerekord hält übrigens für ganz Österreich die Wetterstation Salzburg-Flughafen mit 19,1 Grad plus am 25. Dezember 2013. (tberg, red, 22.12.2022)