Studentinnen dürfen Universitäten in Afghanistan nicht mehr betreten.

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Kabul – In Afghanistan haben die islamistischen Taliban erneut mehrere verurteilte Menschen öffentlich ausgepeitscht. In der südlichen Provinz Helmand erhielten am Mittwoch elf Männer und eine Frau zwischen zehn und 39 Peitschenhiebe, wie ein lokaler Taliban-Vertreter der Deutschen Presse-Agentur bestätigte. Demnach wurden die zwölf Menschen unter anderem wegen Diebstahls und "moralischer" Delikte gemäß islamischer Rechtsauffassung in Afghanistan verurteilt.

Bereits in den vergangenen Wochen wurden mehrfach Strafen öffentlich vollzogen. Insbesondere eine Exekution vor Publikum löste international viel Kritik aus. Die militant-islamistischen Taliban weisen die Kritik als "antiislamisch" zurück.

Lasst sie lernen

Und auch das von den Taliban verhängte Hochschulverbot für Frauen stößt auf Kritik. Die betroffenen Afghaninnen protestierten in Onlinediensten unter dem Hashtag #LetHerLearn (Deutsch: Lasst sie lernen). "Das achte Semester ist vorbei, und ich habe nur noch vier Prüfungen", schrieb etwa Studentin Samsama Ghasal von der Universität Kabul auf ihrem Facebook-Account unter dem Hashtag am Mittwoch. "Gott, nimm mir nicht diese letzte Hoffnung", fügte sie hinzu.

Das Internet ist eine der wenigen Möglichkeiten für Afghaninnen und Afghanen, Protest zu äußern. Betroffene Studentinnen schütteten auf Twitter und Facebook ihr Herz aus und beklagten, dass ihre Träume durch das Verbot geplatzt seien. "Mir war klar, dass dies eines Tages passieren würde", schrieb Hadia Rahmani auf Facebook. "Eines Tages werden sie Frauen sogar das Gehen auf der Straße verbieten."

In der Provinz Nangarhar demonstrieren Studenten.

"Wir kamen um 6.30 Uhr morgens zur Universität, die Männer durften reingehen, und auf uns richteten sie Waffen und befahlen uns, nach Hause zu gehen", schrieb eine andere Frau auf Twitter. In Onlinediensten kursierten Videos von Studentinnen, die vor den Toren ihrer Universitäten weinten, nachdem ihnen von bewaffneten Taliban der Zugang verweigert worden war. In einem TV-Interview nahe einer Universität in Kabul sagte eine Studentin dem Sender Shamshad: "Als ich gestern Abend die Nachrichten sah, habe ich sie bis zu 20 Mal gelesen und geweint. Als wir heute hierherkamen, haben sie uns nicht hineingelassen. Es gibt keine Hoffnung mehr."

Karzai und Guterres kritisieren Taliban

Auch Afghanistans Ex-Präsident Hamid Karzai hat das Univerbot für Frauen bedauert. In einer Mitteilung auf Twitter forderte er am Mittwoch die Taliban auf, den Beschluss rückgängig zu machen. Auch der einflussreiche Spitzenpolitiker Abdullah Abdullah kritisierte das Verbot. "Bildung ist eines der fundamentalen und grundlegenden Rechte aller Bürger. Mädchen dieses Recht vorzuenthalten ist bedauerlich", schrieb Abdullah auf Twitter.

UN-Generalsekretär António Guterres ist ebenfalls enttäuscht. "Der Generalsekretär ist tief besorgt über Medienberichte, wonach die Taliban für Frauen und Mädchen den Zugang zu Universitäten ausgesetzt haben", teilte ein Sprecher mit. "Der Generalsekretär betont, dass die Verweigerung von Bildung nicht nur die Gleichberechtigung von Frauen und Mädchen verletzt, sondern auch einen fürchterlichen Einfluss auf die Zukunft des Landes haben wird." Guterres fordere einen gleichberechtigten Zugang für Frauen und Mädchen zu allen Stufen des Bildungssystems, hieß es weiter.

Am Dienstag hatten die Taliban in Afghanistan mit sofortiger Wirkung Frauen von allen Universitäten verbannt. Seit ihrer Machtübernahme im August 2021 haben die Islamisten Frauenrechte massiv eingeschränkt. Mädchen und Frauen sind vom öffentlichen Leben weitgehend ausgeschlossen.

Aus Protest gegen die Entscheidung der Taliban kündigte ein Professor aus der Provinzhauptstadt Kunduz an, sein Amt niederzulegen. Ein anderer Universitätslektor erklärte seinen Rücktritt live im Fernsehen. (APA, red, 21.12.2022)