Mehr Zuversicht und Ruhe: Einfacher gesagt als getan.
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Empörung, Aufregung, Erschöpfung, Angst, Wut. Die Lage der Gefühlsmischungen rundherum eignen sich gar nicht, um gelassen, ruhig, zuversichtlich, mitfühlend und optimistisch zu werden. Dann verstärkt sich im konzertierten Jammerchor die miese Stimmung auch noch, wird zäher und zäher. Das lässt sich auch im Betriebsklima beobachten und kann für Gemeinschaften (auch für Firmen) lebensbedrohlich werden.

Wie man dem Teufelskreis entkommt

Stagnation, Auf-der-Stelle-Treten, Blockiert-Sein – wer dauernd den Kopf hängen lässt, kann eben keine Perspektive mehr erkennen. Wie viele Berater und Coaches sind aktuell engagiert, um Organisationen da rauszureißen? Ob das funktionieren wird, dass andere es wieder hinkriegen? Sind wir etwa aus der Verantwortung, weil sich eh nichts ändern lässt (an der Weltlage)?

Ob Mahatma Gandhi es nun so gesagt hat oder so ähnlich: "Be the change you want to see" – diesen Schlüssel haben wir alle in der Hand. Wenn wir uns selbst ändern, dann ändern wir nicht zack, zack die Welt, aber wir verändern Entwicklungen, unser nächstes Umfeld. Mehr Ruhe erwünscht? Verbreite Beruhigung. Mehr Kollegialität gefordert? Verbreite Verständnis und Unterstützung.

Es sind Haltungen, die der Ausgangspunkt für Schubumkehr sein können – nicht Forderungen an irgendwen da draußen, der angeblich so viel falsch macht. Führungskräfte klagen an dieser Stelle gerne, dass das alles so anstrengend sei, dieses Stemmen gegen mächtig gewordene negative Gefühlsströme im Rahmen ihres neuen Auftrags, auch für die mentale Gesundheit der Teams zu sorgen.

Haltungsänderung als erster Schritt

Das mag schon stimmen. Aber gibt’s eine Alternative? Marschiert der Berater aus dem Helikopter, gelandet auf dem Dach, ein und dreht im Vorbeigehen die ganze Organisation? Das wird so nicht laufen. Glücklicherweise können Haltungsänderungen beglückend sein. Beruhigung und Bekräftigung können unmittelbar wirksam sein – im Gesicht der anderen.

Wer tut, was er von "den anderen" gerne hätte, kann das als wirksames Stärkungselixier erleben: Die Haltung, selbst die Veränderung zu leben, die gewünscht ist, bewahrt vor schnellen Aburteilungen. Und sie ist auch die Richtschnur für mentale Gesundheit, individuell und für die Anvertrauten. Das ändert nicht die Weltlage, befreit aber zunächst auch aus der als so erschöpfend empfundenen Ohnmacht. "Ich kann etwas tun", "ich kann etwas bewirken" – das ist eine Kraftquelle. Schade, wenn wir sie nicht nützen – für uns selber und in all den Verantwortungen, die wir beruflich und privat eingegangen sind. (Karin Bauer, 25.12.2022)