Wird auch außerhalb Österreichs diskutiert. Stefan Bachmann

Fischer

Die Bestellung des Schweizers Stefan Bachmann zum Burgtheaterdirektor ab der Saison 2024/25 sowie die damit vollzogene Abwahl von Martin Kušej sorgt auch im benachbarten Ausland für Diskussionen, zumal Bachmann dadurch dem Kölner Schauspiel abhanden kommt. Ein Überblick.

Süddeutsche Zeitung

"Nun wird es also doch keine Frau. Das Wiener Burgtheater bleibt in männlicher Regisseurshand. (...) Alles, was sie (Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne), Anm.) im Folgenden positiv an Bachmanns Bewerbung hervorhob, hörte sich an wie eine Liste dessen, was ihr bei Kusej fehlt: Von Teamarbeit, flachen Hierarchien, Dialogbereitschaft, Transparenz und neuen Strukturen war da die Rede, von einer 'guten Mischung aus Tradition und Erneuerung' und immer wieder von 'Freude'. Ein Wort, das auf das schlechte Arbeitsklima verweist, das unter dem bossig auftretenden Kusej am Burgtheater herrschen soll. (...) Als Regisseur ist Bachmann nicht unbedingt progressiv, aber bildstark, konsequent und ein Garant für feines, exakt gearbeitetes Schauspielertheater."

Frankfurter allgemeine Zeitung

"Eine solide Wahl. (...) Seine (Bachmanns, Anm.) Intendanz war von Problemen mit der Sanierung des Theatergebäudes überschattet, später kamen Mobbing-Vorwürfe hinzu, die vor allem seiner ebenfalls am Haus beschäftigten Frau galten. Bachmann gelang es, die Vorwürfe weitestgehend zu entkräften. Gleichwohl blieb der Eindruck einer Vermischung von Privatem und Beruflichem."

taz

"Zugespitzt hat er (Martin Kušej, Anm.) die Sache allerdings selbst, indem er sich trotz politischen Gegenwinds und einer durchwachsenen künstlerischen Bilanz als Amtsinhaber dem Bewerbungsverfahren stellte. Auf die Gefahr hin, nicht nur Intendant auf Abruf, sondern auch gescheiterter Bewerber im eigenen Haus zu sein. (...) Erstaunlich ist, wie sich die Profile des alten und neuen Direktors gleichen. Kusej (61) und Bachmann (56) gehören einer Generation an, haben als Regisseure im Stadttheatersystem ihren Weg gemacht. Mit ihnen verbindet sich eher das, was am Theater, wie man es kannte, technisch gut war, nicht unbedingt die inhaltliche Zukunft. Sie stehen für ein traditionelles Führungsmodell, die Machtfülle der regieführenden Intendanten. Etwas, das als Modell in der Debatte um Macht und Abhängigkeiten im Theaterbetrieb in die Diskussion geraten ist. Ein Neuanfang zu mehr Geschlechtergerechtigkeit, Diversität, eine Antwort auf den Strukturwandel, den die Branche gerade durchlebt, ist diese Berufung nicht."

Welt

"Weitere Fragen betreffen eine heikle Personalie: Melanie Kretschmann. Die Schauspielerin und Regisseurin ist mit Bachmann verheiratet und war unter ihm in Basel und Köln im Ensemble, was an beiden Häusern zu Problemen führte. (...) Bachmann zeigt sich auf der Pressekonferenz als eloquenter Macher. Gut angepasst, kein Claus Peymann jedenfalls."

Neue Züricher Zeitung

"Gestern aber ließ er (Kušej, Anm.) verlauten, dass er von seinem Posten zurücktreten wolle – es fehle ihm am Vertrauen seitens der staatlichen Trägerschaft des Hauses. Kušej versuchte so offenbar den Eindruck zu wahren, er gehe aus eigenem Willen. (...) Seine Intendanz wurde von Beginn an mit Reserve quittiert, seinen eigenen Inszenierungen war bloß verhaltener Erfolg beschieden. Schließlich kratzte an seinem Image das Gerücht, wonach der 'alte weiße' Intendant mit seinem autoritären Führungsstil verschiedene Abgänge im Ensemble und in der Chefetage zu verantworten habe. (...) Die Direktion des Burgtheaters ist eine ehrenwerte Aufgabe, aber auch eine künstlerische, soziale und politische Herausforderung, wie die Personalie Kušej nicht zum ersten Mal zeigt. Der Schweizer dürfte gewarnt sein."

Express

"Es ist ein herber Verlust für die Kölner Kulturszene und ein Karrieresprung für Stefan Bachmann. Der langjährige Intendant des Schauspiel Köln wechselt 2024 an die Spitze des renommierten Wiener Burgtheaters. Quasi vom Kölner Interim in Mülheim auf den Olymp."

nachtkritik.de

"Ein feste Burg... Endlich ein Haus mitten in der Stadt, solide gegründet, kein Behelfsheim. Ganz gewiss lässt sich nicht von Desertation sprechen, eher von Durchhaltevermögen, wenn Stefan Bachmann das Schauspiel Köln aufgibt. (...) Bachmann ist ein Treuer, blickt man auf seine bislang beinahe zehnjährige Kölner Bilanz. Viele Namen des Teams, mit dem er 2013 das alles andere als ärmliche Erbe von Karin Beier (die man durchaus auch für Wien auf dem Zettel gehabt hätte) antrat, finden sich heute noch auf dem Spielplan seines Theaters. (...) Anwürfe des Spiegel aus dem Jahr 2018 wegen Mobbing an seinem Haus und der exponierten Stellung seiner Frau im Kölner Ensemble hat Bachmann souverän und unbeschadet überstanden. Die endlose Geschichte um die (inzwischen neun Jahre verzögerte) Sanierung des Schauspielhauses in der Innenstadt hat er – eben durch die Profilierung der Ausweichspielstätte – glücklich gewendet. (...) Stefan Bachmanns charmante Geschmeidigkeit, bürgerliche Beweglichkeit und schweizerische Gewissenhaftigkeit könnten es in Wien richten." (APA,22.12.2022)