Wirtschaftsminister Martin Kocher und Klimaschutzministerin Leonore Gewessler präsentierten am Donnerstag das neue Effizienzgesetz und frische Milliarden an Unternehmenshilfen.

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Bei der Einsparung von Energie war Österreich in den vergangenen Jahren säumig. So säumig, dass die EU-Kommission im September ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet hat: Österreich hat die EU-Energieeffizienzrichtlinie nicht umgesetzt, die bereits 2018 beschlossen wurde. Eigentlich gilt eine Frist von zwei Jahren, in der die Mitgliedsstaaten EU-Gesetze in nationales Recht übersetzen müssen.

Das Vertragsverletzungsverfahren dürfte den Verhandlungen in Österreich einen Schub gegeben haben: Nach jahrelangem Tauziehen sah schließlich auch die ÖVP ein, dass es ein neues Effizienzgesetz braucht, und gab Klimaschutzministerin Leonore Gewessler grünes Licht für das neue Gesetz. Der Entwurf dazu wurde am Donnerstag vorgestellt – gleichzeitig mit der Ankündigung einer umfassenden Ausweitung der Energiezuschüsse für Unternehmen.

Das neue Gesetz steckt ein neues Ziel für nötige Einsparungen: Bis 2030 soll der gesamte Endenergieverbrauch in Österreich um rund ein Fünftel sinken – von derzeit 310 Terawattstunden auf 255 Terawattstunden. Das entspricht 18 Prozent.

Für Klimaneutralität nicht genug

Schafft Österreich die Einsparung in dieser Größenordnung, übertrifft es zwar den aktuellen Kommissionsvorschlag zum EU-weiten Reduktionsziel von 13 Prozent, der derzeit in eine Richtlinie gegossen wird. Das Ziel der Klimaneutralität bis 2040 werde Österreich so aber kaum erreichen, kritisiert der Klima- und Energiesprecher von Global 2000, Johannes Wahlmüller.

Damit Österreich vollständig und naturverträglich auf erneuerbare Energien umstellen könne, müsse der aktuelle Energieverbrauch um etwa die Hälfte sinken, so Wahlmüller. Dazu brauche es dringend Schritte wie Tempo 100 auf Autobahnen, den Abbau umweltschädlicher Subventionen und neue Effizienzstandards bei Gebäuden.

Solche verbindlichen Vorgaben zum Sparen bringt die Einigung allerdings kaum – so bleibt offen, wie die Einsparungen konkret erreicht werden sollen. Das sei jedoch auch so gedacht, heißt es aus dem Klimaschutzministerium. In erster Linie sei das Energieeffizienzgesetz ein Rahmen, der verbindliche Ziele stecke und festlege, wie Einsparungen gemessen werden müssen. Man setze unter anderem auf Schritte wie die Sanierungsoffensive.

Ein paar konkrete Punkte finden sich in dem Gesetz dann aber doch: Etwa sieht es zusätzliche 190 Millionen Euro für Haushalte und Unternehmen vor, damit diese weitere Energiesparmaßnahmen umsetzen. Außerdem verpflichtet es große Unternehmen ab 250 Beschäftigten dazu, alle vier Jahre Energieaudits durchzuführen, und Energieunternehmen dazu, Beratung für Haushalte anzubieten.

"Die günstigste Energie ist die, die wir nicht verbrauchen", sagt Gewessler zum neu vorgelegten Gesetzestext. "Energie ist wertvoll und endlich. Deshalb müssen wir sorgsam mit ihr umgehen."

Deutlich mehr nötig

"Energieeffizienz ist ein wichtiger Baustein, der in Österreich immer nur am Rand mitläuft", sagt Claudia Kettner vom Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (Wifo). Das Effizienzthema erhalte viel zu wenig Aufmerksamkeit.

Daher sehe sie es positiv, dass sich endlich etwas bewege – auch wenn das Gesetz stärker hätte ausfallen können, etwa mit einer Förderung für einkommensschwache Haushalte bei der Sanierung oder einer verpflichtenden Energieberatung auch für kleinere Unternehmen.

Auch der Umweltdachverband spricht von einem "Weihnachtswunder". "Angesichts unseres derzeitigen Energieverbrauchs, unserer Abhängigkeit von fossilen Energiequellen, die den Lebensraum von Mensch und Natur zerstören, sowie des ständig wachsenden Drucks auf lebensnotwendigen Naturraum muss Energiesparen oberste Priorität haben", so Verbandspräsident Franz Maier. Der Verschwendung von Energie müsse auf allen Ebenen viel entschiedener entgegengetreten werden. Ob der Vorschlag ambitioniert genug sei, werde der Umweltdachverband im Rahmen der Gesetzesbegutachtung noch prüfen.

Global 2000 hingegen nennt das Gesetz bereits einen "Minimalkompromiss". Wahlmüller fordert: "Das Energieeffizienzgesetz muss deutlich verbessert werden." (Alicia Prager, 23.12.2022)