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Seit der Corona-Pandemie wird in den Gasthäusern vermehrt weniger bis gar kein Trinkgeld gegeben.

Foto: Getty Images / Kathleen Finlay

Das Bezahlen mit Karte oder Handy ist einfach und bequem. Der Nachteil: Oft bleibt das übliche Trinkgeld aus. Die negativen Folgen spüren sowohl die Gastronomie als auch die Hotellerie.

Was Beobachtungen aus dem Alltag nahelegen, bestätigt auch Peter Dobcak, Fachgruppenobmann der Gastronomie der Wiener Wirtschaftskammer: "Das Trinkgeld ist an sich generell weniger geworden."

Trinkgeld ist eine freiwillige Zugabe für die Leistung des Personals. In Österreich werden üblicherweise zehn Prozent Trinkgeld gegeben. Das habe aber schon seit Corona stark abgenommen, so Dobcak. Einerseits verschuldet durch die häufige Kartenzahlung und die Pandemie-Empfehlung des kontaktlosen Bezahlens. Andererseits verstärkt durch die aktuell starke Teuerung und die hohen Energiepreise.

So viel zahlen, wie Pflicht ist

"Waren Sie mit meinem Service zufrieden? Kann ich etwas verbessern?", fragt das Servicepersonal bei der Abrechnung immer häufiger. Proaktiv nach Trinkgeld bei Kartenzahlungen zu fragen kommt allerdings bei Gästen nicht gut an. "Ich bedauere, dass hier an der falschen Stelle gespart wird", sagt Dobcak.

Die erhöhten Lebenshaltungs- und Energiekosten halten Österreicherinnen und Österreicher vermehrt von Gasthäusern fern. Beim Ausgehen wird – meist mit Karte – auch nur so viel bezahlt, wie auch Pflicht ist. Aufrunden vor der Kartenzahlung oder Münzen aus dem Geldbörserl danach suchen machen immer weniger. Oft werde beim einfachen Hinhalten der Karte auf das Trinkgeld vergessen.

"Cash only"

Immer mehr Wiener Beisel- und Clubgehern fallen nun Lokale auf, in denen nur noch bar gezahlt werden kann – ein Versuch, mehr Trinkgeld zu erlangen? In der Wiener Innenstadt sind diese Art von Restaurants keine Einzelheit mehr. "Cash only" soll daher für mehr Trinkgeld sorgen.

Einen Trend in Richtung "Cash only" sieht Dobcak in der Gastronomie allerdings nicht. Für ihn ist das Hauptmotiv für "nur Bargeld" nicht der Versuch, mehr Trinkgeld zu bekommen, sondern das Sparen bei Kreditkartengebühren. Besonders in Wien seien viele Restaurants aufgrund der zahlreichen Touristinnen und Touristen auf Kartenzahlung angewiesen, so der Obmann.

Auch Essenszusteller betroffen

Essenszusteller behelfen sich mit einer anderen Methode: Bei vielen Anbietern gibt es die Möglichkeit, bereits bei der Bestellung Trinkgeld zu geben. Dies wird aber laut Medienberichten wenig in Anspruch genommen. Konsumentinnen und Konsumenten seien die Bedenken zu hoch, dass die 0,5 bis zwei Euro nicht beim Zulieferer ankommen.

All-inclusive-Hotels spüren die Sparsamkeit ebenso. Auch ihnen fehlt das Trinkgeld. "Wir merken, dass die Gäste bei den All-inclusive-Hotels nur noch mit Karte zahlen und auch kein Bargeld mehr dabeihaben. Dadurch wird das Trinkgeld weniger", sagt Alexandra Geyer, Pressesprecherin der Falkensteiner-Hotelgruppe. Die finanzielle Wertschätzung des Personals habe laut ihr abgenommen.

Zehn Euro per Nacht: Hotel startet Experiment

Das Hotelpersonal hofft auf eine Verbesserung der Situation. Deswegen erprobt die Hotelgruppe Falkensteiner an verschiedenen Kärntner Standorten, etwa in Bad Leonfeld oder am Katschberg, einen neuen Weg: Zehn Euro pro Zimmer per Nacht werden automatisch auf die Hotelrechnung als Trinkgeld gebucht. Dies passiere aber nur auf freiwilliger Basis, betont Geyer. Gäste entscheiden, ob sie dies oder mehr beziehungsweise weniger zahlen wollen. "Spätestens beim Check-out können die Gäste ihre Meinung ändern", sagt Geyer.

Das Hotelpersonal informiere die Reisenden schon vor ihrer Ankunft und erneut beim Check-in über das Trinkgeld via Tagespauschale. Auf der Rechnung falle es unter den freiwilligen Bereich und bleibt für die Mitarbeitenden somit steuerfrei. Wie das Trinkgeld aufgeteilt wird, entscheide das jeweilige Team im Haus selbst.

Nicht nur die Angestellten, sondern auch die Gäste sollen von dem neuen Service profitieren, erklärt Geyer. Man müsse sich während des Aufenthalts keine Gedanken über Trinkgeld machen. Falkensteiner habe auf die neue Initiative gutes Feedback erhalten. Viele wollen aber weiterhin lieber individuell Trinkgeld geben. (Pauline Severin, 23.12.2022)