Im Musical "Ein Hauch von Venus" trifft die antike Göttlichkeit auf die Ästhetik der US-Musicalrevuen.

Foto: Kmetitsch

Venus, die antike Göttin, wird im Musical Ein Hauch von Venus nach dreitausend Jahren reglosen Daseins als Marmorstatue versehentlich von einem New Yorker Friseur zum Leben erweckt. Das Problem. Der ist verlobt und wehrt sich gegen die Avancen der Liebesgöttin, welche die Konkurrentin an den Nordpol verfrachtet. Infolgedessen wird der Unschuldige dann auch noch als Mörder gesucht.

Ein weiteres Problem: Der Kunsthändler, dem die kostbare Statue abhandengekommen ist, ist ohnehin schon längst hinter dem Friseur her. Kurt Weills Ein Hauch von Venus, 1943 am Broadway uraufgeführt und an der Grazer Oper in der deutschen Übersetzung von Roman Hinze gezeigt, ist an sich eine heitere Angelegenheit.

Leider enthält sie frauenfeindliche Unsäglichkeiten, die den Spaß an den grundsätzlich ungeniert-komischen Turbulenzen trüben können. Dass "frau" als Mischung aus "Venus und Jungfrau" bei den Männern am besten durchkommt, ist noch eine der liebenswürdigeren Plattitüden.

Trümmer einer Statue

Großmütig betrachtet (die Männer kommen ja auch nicht gut weg), wird in einem anspielungsreichen Bühnenbild und treffenden Kostümen hervorragend gesungen und gespielt. Im Zentrum der Bühne von Monika Biegler sind die Trümmer einer riesigen Statue. An dieser wird herumgehämmert, sie wird geputzt und von zahllosen Frauen im Monteur-Outfit restauriert: kluge Anspielung von Kostümbildnerin Valentin Köhler auf die Frauen, die im Krieg Männerarbeit verrichten mussten.

Ein Hauch von Revue

Auch die Tänzerinnen – große Ballettnummern sind das Herzstück – kommen im Glitzer-Blaumann daher (die Tänzer in Glitzer-Uniform). Sonst halten sich Ausstatterinnen und Regisseurin Magdalena Fuchsberger mit direkten Anspielungen auf den Zweiten Weltkrieg, Uraufführung war wie gesagt 1943, wirkungsvoll zurück.

Wenn die Tänzerinnen in einer grellbunten Revue mit Straußenfedern wacheln, erinnert das an Venus-Darstellungen mit Muschel-Schalen. Die Choreografie von Alexander Novikov, vom Ballett präzise umgesetzt, birgt ebenfalls zahllose zeitgeschichtliche Anspielungen, bis hin zu den Fingerbewegungen des Tipp-Fräuleins. Eine spannende kritisch-moderne Sub-Lesart scheinen die Videos von Aron Kitzig zu transportieren, aber die sieht man leider kaum hinter dem zentralen Gerüst.

Musikalisch-sängerisch hat man einen stimmigen Sound drauf: Marcus Merkel leitet die Grazer Philharmonie einen solid swingenden "Broadway" entlang. Die Besetzung ist bis in die kleinen Partien hinein stimmig gecastet. Glänzendes Zentrum der Produktion ist Dionne Wudu als Titelfigur Venus.

Souveränes Personal

Eine Diva mit Ausstrahlung, stimmlich souverän und stilsicher. An ihrer Seite entwickelt sich Christof Messner von schüchternen Antihelden Rodney zum selbstbewussten Typ. Ivan Oreščanin als Kunsthändler Whitelaw Savory und Monika Staszak als dessen Freundin und Sekretärin Molly Grant stellen souveränes weltliches Personal. (Heidemarie Klabacher, 27.12.2022)