Nicht wenige Österreicher hätten gerne einen "starken Führer, der sich nicht um Parlament und Wahlen kümmern muss". Konkret bejahten zuletzt 26 (!) Prozent diese Frage im "Demokratie-Monitor" des Sora-Instituts.

Das waren schon einmal weniger, aber weit unter 20 Prozent fällt der Wert seit Jahren nicht. Das hat zu tun mit einer Politik der letzten Jahre, die wenig entscheidungsfreudig erscheint, aber auch mit einer gewissen autoritären Grundeinstellung der Österreicher (ein Drittel kann sich laut Sora eine Einschränkung der Gerichte, der Opposition, der Medien vorstellen).

Viele Österreicher haben ein gar nicht so geheimes Faible für "starke Männer". Erinnerlich ist das zustimmende Gelächter der Kommerzialräte und Wirtschaftsbosse, als Wladimir Putin in der Wirtschaftskammer Österreich über "Diktatur – aber gute Diktatur" scherzte.

Gegenwärtige "starke Männer"

Wer sich allerdings unter den starken Männern der Gegenwart umschaut, wer die sogenannten Führerstaaten, die ganz großen und die etwas kleineren, ansieht, der müsste ein eklatantes Versagen erkennen. Putin hat sein Land in einen katastrophalen Krieg geführt, den er – in vollkommen falscher Einschätzung – für einen Drei-Tage-Spaziergang unter jubelnden Ukrainern hielt.

Russland zahlt bereits einen hohen Preis, auch durch die Sanktionen, und ist unter dem jetzigen Regime von jeder normalen Zukunftsentwicklung abgeschnitten. Der Führerstaat mit einer Kriegswirtschaft kann zwar weiter existieren, aber den unausgesprochenen Pakt mit der Bevölkerung – "wir geben euch einen gewissen Minimalwohlstand, ihr lasst uns regieren" – längerfristig nicht erfüllen. Nicht undenkbar, dass manche Teile des riesigen Landes auf eine Abspaltung zusteuern.

Sowohl Putin als auch Xi Jinping schaffen es derzeit nicht mehr ausreichend die "Führerrolle" in ihren Regimen zu erfüllen.
Foto: AP/ Sergei Bobylev

Rebellierende Bevölkerung

Der Pakt zwischen Bevölkerung und eisenhartem, totalitärem Regime wird gerade auch in China aufgekündigt. Der weise Führer Xi Jinping hat auf seine autokratische Weise die Corona-Politik des Landes völlig ins Chaos geführt. Die Null-Covid-Politik setzte anfänglich auf totale Isolation und Überwachung, vernachlässigte aber Impfung und andere medizinische Versorgung. Nun musste die Null-Covid-Politik abrupt aufgegeben werden, weil das Land rebellierte – und das Virus bricht sich in einer schlecht geimpften Bevölkerung massiv Bahn. Unter den chinesischen Kaisern hieß das "das Mandat des Himmels verspielt".

In unserer näheren Umgebung versuchen kleinere Diktatoren, sich aus der selbstverschuldeten Malaise durch nationalistisches Getöse zu befreien. Recep Tayyip Erdoğan will die Türken mit militärischen Drohungen gegen Griechenland von der galoppierenden Inflation ablenken. Viktor Orbán hat es so weit getrieben, dass die EU ihm das Geld abdreht. Der serbische Präsident Aleksandar Vučić zündelt in schweren Wirtschaftsproblemen im benachbarten Kosovo.

Gegenüber solchen Leuten und solchen Führerstaaten Beschwichtigungspolitik zu betreiben hat sich als sinnlos erwiesen. Putin und Xi sind nur mit klarem Widerstand einzudämmen.

Auch Österreich muss erkennen, dass seine windelweiche Politik gegenüber Ungarn und Serbien gescheitert und kontraproduktiv ist. Sie bringt auch in Sachen Migration nichts. (Hans Rauscher, 28.12.2022)