Erziehung und Beruf zu vereinen ist ein Balanceakt. Oft sind es die Mütter, die ihre Arbeitszeit reduzieren – mit Folgen bis zur Pension.

Foto: Elmar Gubisch

Die einen bezeichnen es als wichtige Maßnahme zur Bekämpfung der Altersarmut bei Frauen, die anderen als Tropfen auf den heißen Stein: Es wird wieder einmal über das Pensionssplitting debattiert. Die ÖVP hat den Grünen nun den Ball zugespielt, der Gesetzesentwurf zu einer Aufteilung der Pensionsbeiträge während der Kindererziehung liege bereit. Der grüne Koalitionspartner ist skeptisch, und auch vonseiten der Arbeiterkammer gibt es Kritik. Doch warum eigentlich?

Im Grunde wirkt das Pensionssplitting durchaus vorteilhaft. Der Elternteil, der seinen Job aufgibt oder die Arbeitszeit reduziert, bekommt vom erwerbstätigen Partner Geld für die Pensionskasse übertragen. Das soll finanzielle Schieflagen ausgleichen und vor Altersarmut schützen. Seit 2005 gibt es diese Umverteilung in freiwilliger Form; allerdings mit bedingtem Erfolg. In den 17 Jahren seit Bestehen wurden nur rund 5.000 Anträge gestellt. Die Tendenz ist steigend, angesichts von 780.000 Familien mit Kindern unter 15 Jahren aber schwindend gering.

Uneinigkeit in Koalition

Die ÖVP pocht daher einmal mehr auf ein verpflichtendes, automatisiertes Splitting. Dieses soll bis zum zehnten Lebensjahr des Kindes gelten, die Beitragsgrundlagen beider Elternteile sollen während dieser Zeit summiert und anschließend 50/50 aufgeteilt werden. Der Gesetzesentwurf liege bereits seit vorigem Jahr bereit, am Zug sind nun die Grünen.

Die sehen die Maßnahme aber kritisch – und stehen damit bei weitem nicht allein da. Dabei besteht bei der Bekämpfung der Altersarmut offenkundig Handlungsbedarf. Der Beginn der Probleme offenbart sich oft in jungen Jahren. Bei den 30- bis 39-jährigen Frauen ist die Teilzeitquote besonders hoch. Der Grund könnte klischeehafter nicht sein: Die Mütter betreuen die Kinder oder pflegen Angehörige, die Väter fungieren als Hauptverdiener.

Gibt es ein gemeinsames Konto, ist das, zumindest finanziell, oft nicht weiter schlimm. Ist die Partnerin hingegen gänzlich auf die eigene Pension angewiesen, können die Jahre in Teilzeit für ein böses Erwachen sorgen. Die Armutsgefährdung im Alter ist ohnehin erhöht, für Pensionistinnen noch höher. 39 Prozent geringer fällt die Pension für sie im Schnitt aus, die Armutsgefährdungsquote liegt bei beträchtlichen 18 Prozent. Genau darin liegt auch der Kern der vielen Kritik.

Schritt in falsche Richtung

Eine umfassende Studie des Wifo etwa attestiert dem automatisierten Pensionssplitting keinen großen armutsreduzierenden Effekt. Die Arbeiterkammer verweist darauf, dass die Altersarmut in den Familien nur verlagert werde – das Haushaltseinkommen bleibe schließlich gleich. Und auch Ingrid Korosec (ÖVP) weiß um die begrenzte Wirksamkeit im Hinblick auf die Altersarmut.

"Ich sehe jedoch keinen Grund, das automatische Pensionssplitting nicht unverzüglich zu beschließen", so die Seniorenbund-Präsidentin per Aussendung. Das sieht nicht jeder so. Nicht nur sei das Splitting als Einzelmaßnahme zu schwach; selbst Entwicklungen in eine völlig verkehrte Richtung drohten.

So würde die Aufteilung der Pensionseinzahlungen die Abhängigkeit der Partnerin von ihrem Partner erhöhen. Die Argumentation: In 90 Prozent der Fälle überträgt der Mann der Frau einen Teil seiner Beiträge. Die finanzielle Abhängigkeit nimmt zu, die rollenspezifische Aufteilung verfestigt sich.

Einigkeit in der Debatte herrscht nur in bestimmten Fällen. Trennen sich etwa die Eltern oder verdient der erwerbstätige Elternteil besonders gut, könne der erziehende Elternteil davon profitieren.

Die Grünen sehen das Splitting letzten Endes als Mittel zur Bewusstseinsbildung. Zur Bekämpfung der Altersarmut brauche es aber ein umfassendes Paket – eine verpflichtende Lohntransparenz und zeitgemäße Karenz mit eingeschlossen, heißt es auf Anfrage des STANDARD. (Nicolas Dworak, 27.12.2022)