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Grippe, Corona oder Verkühlung: Aktuell müssen so viele Menschen wie selten das Bett hüten.

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Gefühlt liegt derzeit halb Österreich im Bett oder plagt sich mit Husten, Schnupfen und Halsweh. Dieses Gefühl trügt nicht. Hochgerechnet sind von 100 Personen sechs aktuell erkrankt, sei es an Grippe, einem grippalen Infekt oder auch an Corona, wie aus den Daten der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (Ages) ersichtlich ist. So hohe Erkrankungszahlen sind tatsächlich ungewöhnlich. Viele fragen sich, woran das liegt und was bei Beschwerden am besten hilft. DER STANDARD fragte bei Expertinnen und Experten nach.

Frage: Warum sind derzeit so viele Menschen krank?

Antwort: Das liegt daran, dass mehrere Infektionswellen parallel laufen. Influenza, Sars-CoV-2, aber auch Rhino- und Adenoviren sowie RSV und saisonale Coronaviren zirkulieren. Tatsächlich sind dieses Jahr die Influenza-Infektionen, also jene mit echter Grippe, schon sehr früh angestiegen, nachdem die Grippewelle zuletzt ausgeblieben ist. "Bis jetzt sieht es nach einer sehr starken Grippewelle aus, auch wenn es schwer ist, das genau vorherzusagen", betont Christoph Steininger, Virologe von der Med-Uni Wien.

Frage: Liegt es daran, dass alle Masken getragen haben?

Antwort: Warum die Zahlen so hoch sind, kann man nicht mit Sicherheit sagen, erklärt Steininger, mehrere Faktoren spielen dabei mit. Es stimmt, dass durch die Masken sicher weniger Virenkontakt da war, aber das bedeutet nicht, dass das Immunsystem "schwächer" ist. Es ist eher so, dass sehr viele Viren gleichzeitig zirkulieren und dadurch mehr Infektionspotenzial besteht. Dazu kommt, dass es bei einigen Viren viele verschiedene Stämme gibt. Ist man gegen einen immun, kann man sich mit einer anderen Variante gleich wieder infizieren. Und Steininger meint: "Durch die Pandemie hat sich auch das Bewusstsein geändert, man hat mehr Aufmerksamkeit für Infektionen."

Frage: Gibt es für diverse Infektionen Tests, und machen die Sinn?

Antwort: Tatsächlich gibt es kombinierte Schnelltests, die feststellen sollen, ob es sich um Influenza, RSV, Covid-19 oder eine andere Infektion handelt. Die Ärztekammer fordert in einer Aussendung, dass die Kosten dafür übernommen werden sollen, um so die Ordinationen zu entlasten. In der Praxis funktionieren diese Schnelltests aber noch schlechter als die Covid-19-Schnelltests, sagt Steininger, "und die Zuverlässigkeit nimmt weiter ab, je älter die Getesteten sind". Verlässlich wäre ein PCR-Test, den es für Influenza auch gibt und der in einigen Laboren angeboten wird. Allerdings gibt es dafür keine entsprechende Logistik wie für die Corona-Tests.

Frage: Wie kann ich mich vor Infektionen schützen?

Antwort: Die während der Pandemie etablierten Maßnahmen sind weiter wirksam, also Abstand halten, Menschenansammlungen meiden, Hände waschen und Maske tragen. Steininger empfiehlt außerdem die Grippeimpfung: "Der Höhepunkt der Welle kommt üblicherweise im Jänner und Februar. Lässt man sich jetzt impfen, ist man in ein bis zwei Wochen sehr gut geschützt. Vor allem weil der Impfstoff dieses Jahr sehr gut auf kursierende Varianten passt."

Frage: Wie behandelt man einen grippalen Infekt am besten?

Antwort: Fühlt man sich krank, sollte man im Bett bleiben oder sich zumindest nicht anstrengen. Inhalieren oder schleimlösende Mittel helfen ebenso wie Nasenduschen und abschwellende Nasentropfen. Bei Letzteren ist aber Zurückhaltung angesagt. Steininger empfiehlt sie nicht länger als zwei Wochen, sonst kann sich die Schleimhaut schlecht regenerieren. Ähnliches gilt für Nasenduschen, die spülen auf Dauer die in den Schleimhäuten sitzenden Immunzellen aus. Man kann Vitamin C und D einnehmen und soll sich mit Antibiotika zurückhalten. Steininger: "Die bringen ohnehin nichts bei viralen Infekten."

Frage: Ist es ein Problem, wenn man bei einem Infekt nichts essen will?

Antwort: Nein, bei einem normal gesunden Menschen ist das kein Problem, weiß Heidi Szepannek, Diätologin am Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern in Wien. "Wichtig ist, dass man ausreichend trinkt. Das können Tees sein oder Suppen, Gemüsesuppen etwa oder selbstgekochte Hühnersuppe. Die enthält entzündungshemmende Substanzen." Zum Essen zwingen soll man sich nicht, aber wenn man womöglich Durchfall hat und viel Flüssigkeit verliert, hilft eine isotonische Lösung: "Man gibt in einen Liter Tee 40 Gramm Traubenzucker oder Haushaltszucker und ein Gramm Salz und trinkt das in kleinen Schlucken."

Frage: Worauf soll man bei der Rekonvaleszenz achten? Gibt es auch "Long Grippe"?

Antwort: Langzeitfolgen ähnlich Long Covid gibt es in dieser ausgeprägten Form nicht, sagt Steininger. Aber tatsächlich sollte man sich nicht überanstrengen: "Sonst kann es zu Komplikationen wie Herzmuskelentzündung oder neurologischen Problemen kommen. Das habe ich in meiner klinischen Praxis schon gesehen." Besonders gefährdet sind junge Männer, die ihre Gesundheitsressourcen überschätzen.

Frage: Der Virologe Christian Drosten hat gesagt, die Pandemie sei vorbei. Stimmt das?

Antwort: Tatsächlich geht es laut Expertinnen und Experten in diese Richtung. Steininger sieht uns eigentlich schon in der endemischen Phase. "Aber was der aktuelle Ausbruch in China für den Rest der Welt bedeutet, ist derzeit virologisch noch nicht abschätzbar." Auch Virologin Dorothee von Laer und Molekularbiologe Ulrich Elling stimmen zu, dass nun die erste endemische Welle im Anrollen ist. Aber alle sind sich einig: Das Virus ist gekommen, um zu bleiben. Steininger betont: "Jetzt müssen wir vorarbeiten, damit die Wellen nicht mehr so stark werden, also Impfquoten weiter steigern und Übertragungsmöglichkeiten minimieren." (Pia Kruckenhauser, 28.12.2022)